Die Kirchenfabriken: Akteure und Chronologie

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Die Abschaffung der Kirchenfabriken ist im Gange: Wir zeigen noch einmal, wie es dazu kam – und wer bislang mitwirkte.

Von Nico Wildschutz

DIE AKTEURE

Akteur Nr.1: Die Kirchenfabriken

Vizepräsident Marc Linden

Von den 285 Kirchenfabriken in Luxemburg sind die meisten im Dachverband, dem Syfel. Präsident ist Serge Eberhard, Vizepräsident Marc Linden. Das Syfel hat in den letzten Jahren, vor allem seit dem Unterschreiben der Konvention zwischen Bistum und Staat, viel Gegenwind gemacht. Die zumeist heftige Kritik hat sich dabei nicht nur gegen den Staat gerichtet, sondern auch gegen das Bistum und damit gegen Jean-Claude Hollerich. Der Vorwurf an die Regierung: Die Abschaffung der Kirchenfabriken und die Einführung des Fonds kämen einer Enteignung gleich.

Der Vorwurf ans Bistum: Hollerich hätte gar nicht im Namen der Kirchenfabriken die Konvention unterschreiben dürfen. Das Syfel hat die ganze Zeit über die Rolle des „Wir gegen alle“ gespielt. Kein Wunder: Wenn die Kirchenfabriken abgeschafft werden, verliert deren Dachverband seine Daseinsberechtigung.

Akteur Nr.2: Das Bistum

Ex-Generalvikar Erny Gillen

Das Bistum hat die Konventionen zur Trennung von Kirche und Staat mit der Regierung unterschrieben. Federführend bei der Ausarbeitung der Konventionen war der damalige Generalvikar Erny Gillen. Erzbischof Jean-Claude Hollerich hat seine Unterschrift unter die Dokumente gesetzt. Kurz nach dem Unterschreiben hat Erny Gillens Nachfolger Leo Wagener übernommen.

 

 

Erzbischof Jean-Claude Hollerich

Das Bistum hat sich von Anfang an nicht gegen die Pläne der Regierung gestemmt und damit die Wut des Syfel und der Kirchenfabriken auf sich gezogen. Auch im Nachhinein hat das Bistum versucht, sich nicht zwischen die Fronten zu stellen, auch wenn es immer wieder in die Diskussionen einbezogen wurde.

 

Generalvikar Leo Wagener

Der „real existierende politische Rahmen“ werde anerkannt, meinte Leo Wagener noch vor etwa einem Jahr auf einer Pressekonferenz. Die wichtigste Rolle des Bistums im Dossier der Kirchenfabriken war die Ausarbeitung des Fonds, der die Besitztümer der Kirchenfabriken übernehmen und in Zukunft verwalten soll.

 

Akteur Nr.3: Die Regierung

Premierminister Xavier Bettel

In einer ersten Phase hat Premier- und Kultusminister Xavier Bettel (DP) eine wichtige Rolle im Dossier der Kirchenfabriken übernommen. Er saß mit am Verhandlungstisch und hat nachher seine Unterschrift unter die Konvention gesetzt.

 

Innenminister Dan Kersch

Danach hat Innenminister Dan Kersch (LSAP) die Arbeit übernommen. Bettel hat sich seitdem größtenteils herausgehalten und das Feld der Kirchenfabriken seinem Regierungskollegen überlassen. Kersch hat an der Ausarbeitung des entsprechenden Gesetzestextes maßgeblich mitgewirkt und war in ständigen Verhandlungen mit Bistum und Kirchenfabriken. Es ist auch er, der jedes Mal auf die Vorwürfe des Syfels reagierte. Neben den Kirchenfabriken musste er sich auch gegenüber seinen politischen Gegnern verantworten. Die CSV warf ihm vor, seine Reform durchgezogen zu haben, ohne die Gemeinden mit einzubeziehen und ohne mit den Kirchenfabriken zu sprechen.


CHRONOLOGIE: So verlief die Trennung von Kirche und Staat

Ende 2013: Die neue Regierung, bestehend aus DP, LSAP und den Grünen, erstellt ihr Koalitionsabkommen. Einer der wichtigen Punkte: die Trennung von Kirche und Staat. Die Regierung nimmt ihre Arbeit auf.

Juni 2014: Der Staatsakt zum Nationalfeiertag wird statt in der Kathedrale in der Philharmonie abgehalten. Die neue Regierung macht Ernst.

Januar 2015: Nach monatelangen Verhandlungen wird eine Konvention zwischen dem Bistum und der Regierung unterschrieben, die zur Trennung von Kirche und Staat führen soll. Für die Abschaffung der Kirchenfabriken wird eine separate Konvention unterschrieben.

Februar 2016: Das napoleonische Dekret wird vom Parlament geändert. Die Gemeinden sind nicht mehr dazu verpflichtet, die Defizite der Kirchenfabriken zu begleichen.

Juli 2016: Die ersten konkreten Entwürfe zur Trennung von Kirche und Staat werden im Parlament gestimmt. Das sind der Text zur Einführung des neuen Faches „Vie et société“ und die Texte zur Neudefinierung der Finanzierung der Glaubensgemeinschaften in Luxemburg. Der Staat muss nur noch 8,3 Millionen Euro an Unterstützung zahlen statt wie bisher 24 Millionen.

September 2016: Das neue Fach „Vie et société“ wird in den Sekundarschulen eingeführt. Es ersetzt die Religions- und „Morale“-Klassen, zwischen denen die Schüler sich bis dahin entscheiden mussten.

Januar 2017: Eigentlich sollte auch der Gesetzestext zu den Kirchenfabriken am
1. Januar 2017 in Kraft treten. Doch es gibt Komplikationen. Der Dachverband der Kirchenfabriken Syfel wehrt sich mit Händen und Füßen gegen ihre Abschaffung. Die Abstimmung des Gesetzes muss verlegt, vieles noch geklärt werden.

September 2017:  „Vie et société“ wird auch in den Grundschulen eingeführt.

Januar 2018: Der Gesetzentwurf wird am Mittwoch, 17. Januar, dem Parlament vorgelegt. Geht er durch, ist die Trennung von Kirche und Staat, wie sie die Regierung vorgesehen hat, vollzogen.


Was mit den Kirchen passieren wird

Wenn die Kirchenfabriken mit dem kommenden Gesetz abgeschafft werden, wird der neue Fonds die Arbeit aufnehmen. Alle Besitztümer werden an ihn übergehen. Der Fonds wird dem Bistum unterstehen. In der Konvention von 2015 steht, dass das Bistum auch für die Organisation des Fonds zuständig ist. Es wird die Aufgaben übernehmen, die bisher von den Kirchenfabriken übernommen wurden, also die Verwaltung der Besitztümer und die Instandhaltung der Gebäude.

Die Liste der Kirchen, die in den Fonds fließen, wurde bereits veröffentlicht. Gehörte die Kirche laut offiziellen Papieren der Gemeinde, kann diese sie auch behalten. Gehörte sie der Kirchengemeinde oder waren die Besitzverhältnisse unklar, fließen sie in den Fonds. Dieser entscheidet, für welche Gebäude er genügend Geld hat. Tritt er eine Kirche ab, wird sie entweiht und die Gemeinde hat ein Vorkaufsrecht. Der Fonds muss das Gebäude dann für einen symbolischen Euro an die Gemeinde verkaufen. Will diese sie nicht, hat der Staat das nächste Vorkaufsrecht. Verzichtet auch der Staat, kann der Fonds selbst entscheiden, was mit dem Gebäude geschieht.

Anfang 2017 hat Generalvikar Leo Wagener den Plan des Bistums für den Fonds vorgestellt. Er wird von einem Verwaltungsrat geleitet. Der Erzbischof entscheidet über dessen Zusammensetzung. Dem Verwaltungsrat unterstehen die Verwaltungen der 33 Pfarrgemeinden, die Budgets für ihre jeweilige Pfarrei aufstellen und entscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird. Den Pfarrgemeinden wiederum unterstehen 105 Kirchenfabriken. Sie kümmern sich um die Alltagsgeschäfte. Sie sammeln die Spenden, überwachen die Renovierungen und organisieren die Anschaffung aller benötigten Materialien wie beispielsweise Wein und Hostien.