Arecibo-ObservatoriumDas Radioteleskop, an dem schon James Bond kämpfte, gibt es nicht mehr

Arecibo-Observatorium / Das Radioteleskop, an dem schon James Bond kämpfte, gibt es nicht mehr
 Blick auf die Schäden, verursacht durch ein gebrochenes Kabel, an der Reflektorschüssel des Radioteleskops Foto: Arecibo Observatory/AP/dpa

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Es ist das Ende einer Ära. Das riesige Radioteleskop, im Regenwald von Puerto Rico, das viele aus dem James-Bond-Film „Golden Eye“ kennen, ist so beschädigt, dass es nicht mehr repariert werden kann.

Aus der Vogelperspektive sticht auf der Karibikinsel Puerto Rico ein dicker Punkt inmitten der grünen Natur hervor. Für einen See ist der Punkt ein wenig zu grau und zu rund. Auch die zentimeterdicken Kabel, die darüber gespannt sind, und die Apparaturen, die daran hängen, lassen mehr vermuten. Bei dem Gebilde handelt es sich um das riesige Teleskop des Arecibo-Observatoriums.

Nun wird das Teleskop abgerissen. Bereits 2017 war es durch Hurrican Maria beschädigt worden. 2019 und dieses Jahr folgten Schäden durch Erdbeben. Nun wurde das Teleskop so stark beschädigt, dass es demontiert werden muss. „Am 10. August 2020 versagte ein Hilfskabel, das aus seiner Verankerung in einem der Türme herausrutschte und in der Schüssel darunter einen 100 Fuß langen Riss hinterließ“, heißt es in einer Bekanntmachung der National Science Foundation (NSF), die die Anlage betreibt. Die NSF stellte ursprünglich Gelder zur Verfügung, um das Teleskop wieder in Schuss zu bringen. Aber die Schäden stellten sich als schlimmer heraus als erst angenommen. Die Ingenieure waren am 6. November immer noch dabei, den Schaden zu untersuchen, als ein Hauptkabel brach, heißt es in der Bekanntmachung weiter. Eigentlich hätte das nicht passieren sollen, da die Belastung der Kabel nur bei knapp 60% der errechneten Traglast lag. Die Ingenieure müssen nun davon ausgehen, dass die verbleibenden Kabel schneller reißen können als angenommen.

Das Arecibo Observatory ist aus der Vogelperspektive gut sichtbar
Das Arecibo Observatory ist aus der Vogelperspektive gut sichtbar Foto: Ricardo Arduengo/AFP

Traurigen Herzens mussten die Verantwortlichen sich eingestehen, dass die Anlage nicht zu retten ist. In einem Bericht der Ingenieursfirma Thornton Tomasetti, die mit dem Schaden betraut worden war, heißt es: „Obwohl es uns traurig stimmt, diese Empfehlung auszusprechen, sind wir der Meinung, dass das Bauwerk kontrolliert abgerissen werden sollte, sobald dies pragmatisch möglich ist.“ Die Firma hat empfohlen, die Stilllegung des Teleskops zügig zu planen und einen kontrollierten Abriss durchzuführen. Am 24. November gab NSF bekannt, dass bei Drohnen-Flügen weitere Risse an den noch vorhandenen Kabeln festgestellt wurden. Die 900 Tonnen schwere Instrumentenplattform droht abzustürzen. Nun wird ein Plan ausgearbeitet, wie die Anlage sicher stillgelegt werden kann. Andere Instrumente des Observatoriums werden voraussichtlich weiter betrieben.

Die riesige Schüssel hat einen Durchmesser von 1.000 Fuß (305 m). Die Oberfläche der Schüssel ist verkleidet mit Aluminiumplatten. Da diese riesige Schüssel in einer Senke fest montiert ist und nicht bewegt werden kann, wird das Teleskop auf sein Ziel ausgerichtet, indem die Instrumentenplattform, die darüber angebracht ist, an starren Drahtseilen hin und her bewegt wird. Damit das möglich ist, musste die Schüssel kugelförmig sein und nicht – wie eine gewöhnliche Satellitenschüssel – parabolisch.

Das Observatorium entstand von 1960 bis 1963. Das Hauptaugenmerk lag auf der Erforschung der Ionosphäre, auch weil man glaubte, dass diese Erkenntnisse helfen können, herannahende Nuklearwaffen frühzeitig zu erkennen. Die Gelder dafür kamen aus dem Forschungsarm des amerikanischen Verteidigungsministeriums ARPA. 1969 wurde die Einrichtung von der National Science Foundation übernommen und für die astronomische Forschung umgerüstet. U.a. erhielt das Teleskop 1971 seine Aluminiumplatten. Zuvor war dort lediglich ein Drahtnetz gespannt gewesen.

Große Entdeckungen

Die Anlage war an vielen wissenschaftlichen Entdeckungen beteiligt. Unter anderem entdeckte Aleksander Wolszczan 1990 mithilfe des Teleskops den Pulsar Lich, um den die ersten jemals von der Erde aus entdeckten (und bestätigten) Exoplaneten Poltergeist, Phobetor und Draugr kreisen.

Am 16. November 1974 wurde von dem Observatorium aus die sogenannte Arecibo-Botschaft versendet. Dabei handelt es sich um ein Radiosignal, das eine Botschaft der Erde an Außerirdische enthält. Die Botschaft ist in Binärcode geschrieben. Grafisch interpretiert, zeigt das Signal u.A. Zahlen, DNS, ein Modell des Sonnensystems und ein Teleskop. Ob die Botschaft überhaupt von fremder Zivilisation entschlüsselt und verstanden werden kann, ist äußerst fragwürdig.

Die Ingenieure trauen den verbleibenden Kabeln nicht
Die Ingenieure trauen den verbleibenden Kabeln nicht Foto: Ricardo Arduengo/AFP

Daneben durchforsten Wissenschaftler und Freiwillige Daten, die mit dem Teleskop aufgezeichnet werden, auf Anzeichen für außerirdische Zivilisationen – z.B. nutzte das seti@home Projekt, bei dem Freiwillige weltweit die Rechenleistung ihrer PCs zur Verfügung stellen konnten, Daten aus Puerto Rico.

Weltweit wurde die Anlage einem größeren Publikum bekannt, nachdem sie als Kulisse für den James Bond-Klassier Golden Eye aus dem Jahr 1995 genutzt wurde. In dem Film kämpfen James Bond (Pierce Brosnan) und Alec Trevelyan (Sean Bean) auf der Instrumentenplattform der Anlage. Diese kommt auch in den Science-Fiction-Filmen Contact und Species vor.

Das Himmelsauge

Mit seinen 305 Metern Durchmesser hatte der Spiegel des Arecibo-Observatory-Teleskops eine beeindruckende Größe. Den größten Spiegel allerdings besitzt das „Himmelsauge“ (offiziell: FAST) in der chinesischen Provinz Guizhou, das ab 2011 errichtet und im Januar offiziell in Betrieb genommen wurde. Für das Projekt wurden mehr als 9.000 Menschen, die in der Umgebung wohnten, umgesiedelt. Der Durchmesser des Spiegels beträgt dort 500 Meter. Der Spiegel des Himmelsauges ist ebenfalls sphärisch – aber verformbar. Der genutzte Bereich des Spiegels wird zu einem Parabolspiegel verformt. Dadurch können Probleme vermieden werden, die bei kugelförmigen Spiegeln auftreten. Ein Hauptziel des Himmelsauges ist die Erforschung von Pulsaren.