Kunstecke„Combinepainting“ als neue Bildgattung: Zum 95. Geburtstag von Robert Rauschenberg

Kunstecke / „Combinepainting“ als neue Bildgattung: Zum 95. Geburtstag von Robert Rauschenberg
Eine Rauschenberg-Ausstellung in Stockholm Foto: AFP/Jonathan Nackstrand

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Am Donnerstag vor 95 Jahren wurde der amerikanische Künstler Robert Rauschenberg in Port Arthur in Texas geboren. Er verstarb am 12. Mai 2008 und wird seither als einer der Väter der Pop-Art gewürdigt. Als wir 1970 bei einem Besuch in Amsterdam im berühmten Stedelijk-Museum das erste Mal ein großformatiges Werk von Rauschenberg sahen, waren wir auf Anhieb beeindruckt. Seine Arbeiten wurden zusammen mit denen anderer amerikanischer Kollegen der bunten Pop-Art-Bewegung ausgestellt.

In den Fünfzigerjahren prägte er seinen Stil des „Combinepainting“, also der Verschmelzung von Malerei und Einsatz von Fundstücken aus der Konsumwelt, weil er seinem Kanon huldigte, ein Kunstwerk müsse, um „wirklicher“ zu sein, auch „aus Teilen der wirklichen Welt gemacht sein“. Er zog diese Linie konsequent durch, eckte selbstredend bei seinen Kollegen des damals in den USA dominierenden abstrakten Expressionismus an, doch ersann er immer wieder neue Formen der Kombination diverser Elemente. Er griff parallel auf Techniken wie Serigrafie oder Offset-Druck zurück, um realitätsbezogene Fotografien teilweise zu entfremden, ihnen jedoch einen neuen Sinn teils mit politischer Message zu verleihen, etwa seine Arbeiten rund um das Porträt von John F. Kennedy.

Er verband Siebdrucke auch mit ansonsten aufgegriffenen Gegenständen und ließ monumentale Werke entstehen, die weit in den Raum hinein reichten und Interaktivität mit dem Zuschauer erlaubten sollten. Er operierte außerdem in Serien, variierte ausgewählte Themen und mischte die traditionelle Ölmalerei auf. Kein Wunder, dass er sich bei seiner Manier, aus herkömmlichen Mustern auszubrechen, den Weg für den Betrachter zu schwierigen Bildern ebenso ebnete wie auch für ihn normal war, auf Reisen Gesehenes und Erlebtes in enigmatisch erscheinenden Gebilden festzubannen.

Eigensinnig

Wer in unseren Zeiten Museen der Moderne besucht, der trifft immer wieder auf Werke von Rauschenberg, einer wahren Ikone der Nachkriegskunstszene in den USA. Doch nicht nur! Aus seiner Studienzeit in New York und Paris kannte er auch europäische Kunstströmungen. Zahlreiche „neodadaistische“ Werke scheinen wahrlich etwa von Kurt Schwitters und Marcel Duchamp beeinflusst zu sein, jedoch entfaltete er in seinen Collagen und Assemblagen wie Installationen stets eine eigene Handschrift. Später ging er Partnerschaften sowohl mit Musikern als auch mit Choreografen ein und schuf sowohl Multimediashows als auch Bühnenbilder, um 1966 schließlich die Vereinigung „Experiments in Art and Technology“ zu gründen und sein Projekt ROCI („Rauschenberg Overseas Culture Interchange“) mit einer breit angelegten Tournee durchzuführen. Trotz Eigenart förderte er die Zusammenarbeit, den Austausch mit anderen Künstlern, auch aus Europa.

Eigensinnig, wie er war, hat er sich in einem ganz speziellen fotografischen Selbstporträt 1976 verewigt. Es zeigt ihn in voller Statur mit Sonnenbrille und einem Lächeln im Gesicht vor einem mit biografischen Referenzen angereicherten, bunt gemischten Hintergrund und es wird auf den 29. November datiert. Das Werk ist typisch für seine „Assemblage-Technik“, notiert der Harenberg-Kunstkalender, doch hätte man zu seinem 95. Geburtstag ebenso das Gemälde „Schwarzmarkt“ aus dem Jahre 1961 mit der Aufschrift „One Way“ wählen können, da mit dieser in Köln im Museum Ludwig hängenden Arbeit der Besucher zum aktiven Austausch mit dem Werk aufgefordert wird, eine Art und Weise Rauschenbergs, die Kluft zwischen beiden zu überwinden, Betrachter und Werk in einen offenen Dialog treten zu lassen. Auch wenn von Robert Rauschenberg nicht so geschäftsmäßig wie von anderen Vertretern der Pop-Art in unserer globalisierten Kunstwelt geredet wird, bleibt er eine Zentralfigur derselben.