LeichtathletikCharel Grethen: Ein furioses Comeback vor Tokio

Leichtathletik / Charel Grethen: Ein furioses Comeback vor Tokio
Charel Grethen hätte kaum erfolgreicher in die Saison starten können Foto: Gerry Schmit

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Nach zwei Jahren Wettkampfpause meldete sich Charel Grethen 2021 auf spektakuläre Weise (mit drei Landesrekorden) zurück. Der 28-jährige Mittelstreckenläufer hat die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio fest im Blick. Nach der Hallen-Saison müssen dafür aber mindestens drei gute Zeiten im Freien folgen. 

Samstagnachmittag in der Arena der Coque. Gerade eben ertönte die Klingel, auf den 1.500 Metern des CMCM-Meetings ging es in die letzte Runde. Was Charel Grethen dort zeigte, verdiente den Titel Machtdemonstration. Lediglich der Kenianer Cornelius Tuwei konnte dem Luxemburger Rekordhalter bei dessen Tempoverschärfung auf den Fersen bleiben. Der Lokalmatador passierte die Ziellinie nach 3:38.65 Minuten und stellte damit seinen insgesamt dritten Landesrekord in Folge auf – seit Januar. „Ich kann mich nicht über den Saisonstart beschweren“, sagte der Sieger grinsend. „Nach einer Verletzungspause von anderthalb Jahren bin ich beim ersten Rennen gleich den Rekord gelaufen und schaffte auch die Norm für die Europameisterschaft. Insgesamt bin ich bislang in vier Rennen dreimal Landesrekord gelaufen.“

Im Sommer 2019 hatte sich der CSL-Athlet damals für eine Operation an der Achillessehne entschieden. Fast anderthalb Jahre hatte er es zuvor mit Alternativen und Schmerzen versucht, „aber mit einer Verletzung kann man nie hundert Prozent Leistung abrufen – es war einfach der letztmögliche Termin im Hinblick auf eine Qualifikation für die Olympischen Spiele“. Damals ahnte noch niemand, dass die Tokio-Spiele um ein Jahr verschoben werden müssten – was Grethen für das Comeback zusätzliche Zeit einbringen würde. „Ich wäre bereits im vergangenen Sommer bereit gewesen, aber fühlte mich nicht wirklich top.“ Und so entschloss sich der Sportsoldat damals, erst im Winter wieder ins Wettkampfgeschehen einzugreifen.

Die Norm zu schaffen, ist ein realistisches Ziel

Charel Grethen, hat die Qualifikation für Tokio fest im Blick

Mittlerweile hat sich aber viel im Leben und Alltag des ehemaligen Finanzstudenten geändert, der im Dezember eine Halbtagsstelle angenommen hat. Zwei Trainingseinheiten – jeweils ein normaler Lauf über rund 10 Kilometer sowie eine Einheit auf der Piste oder ein spezifisches 1.500-m-Training – gehören weiterhin zur Routine. Dass Job und Sport ganz gut kombinierbar sind, „merke ich ja an den Leistungen – und die Achillessehne bereitet mir auch keine Sorgen mehr“. Klingt demnach, als stünde der baldigen Qualifikation für Tokio nichts mehr im Weg. Dafür muss er die 3:35-Minuten-Marke unterbieten oder auf einen Platz im Nationen-Ranking hoffen. Beides scheint für Grethen derzeit erreichbar: „Die Norm zu schaffen, ist ein realistisches Ziel. Ich habe mit der Hallensaison bewiesen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“ Beim Ranking werden fünf Bestzeiten gewertet, davon maximal zwei aus der Halle. Bis Ende Juni müsste er dann in den Top 45 der Welt landen. 

Die Sache mit dem „Kick“

2016 hatte er einen COSL-Quotenplatz erhalten und dadurch seine ersten Olympischen Spiele in Rio bestritten, allerdings über die 800-m-Distanz. Die Unterschiede sind auf beiden Strecken enorm: „Für die 800 m braucht man viel mehr Punch. Taktisch und mental sind sie einfacher, da man weiß, dass die zweite Runde schnell kommt. Auf den 1.500 m habe ich mehr Potenzial, da ich viel in den Ausdauerbereich investiert habe. Ich merke, dass ich noch Fortschritte machen kann.“ Es sei in der Leichtathletik der klassische Schritt, mit dem Alter auf die längeren Strecken zu setzen, fügte Grethen hinzu. 

Genau wie auf der kürzeren Strecke profitiert er auch bei den 1.500 m vom sogenannten „Kick“ auf der letzten Runde. „Es ist eigentlich typisch für mich, dass ich zum Schluss noch einmal Gas geben kann.“ Die Taktik vom Samstag war für Grethen ein Test für die Europameisterschaft in zweieinhalb Wochen in Torun (POL). „Es hat geklappt, denn ich bin so schnell gelaufen wie noch nie … Aber Meisterschaften gewinnen sich nicht unbedingt über Zeiten, sondern über die Taktik.“ Er erinnerte an das Olympia-Rennen in Rio, das in 3:50 gewonnen wurde. Nichtsdestotrotz hat der CSL-Mittelstreckenläufer konkrete Pläne für die EM: „Ein Finale ist das Ziel. Vor zwei Jahren reichte es nicht, aber diesmal ist die Form ein gutes Stück besser.“ 

Vier für Torun

Charel Grethen wird in Torun nicht als einziger FLA-Athlet an den Start der EM gehen. Der Celtic-Läufer Bob Bertemes qualifizierte sich bekanntlich am Samstag ebenfalls auf den 1.500 Metern für die Europameisterschaft. „Das ist super, ich freue mich total für ihn“, gab der Landesmeister zu Protokoll. „Er hat sehr viel dafür gearbeitet und konnte es ja selbst kaum glauben.“ Ebenfalls ihr Ticket in der Tasche haben der gleichnamige Kugelstoßer und Vera Hoffmann (1.500 Meter).