Bob und Rodel schlecht: Trauerspiel im Eiskanal

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Die olympischen Wettkämpfe im Eiskanal von Whistler entwickeln sich immer mehr zu einem Trauerspiel.

Seit dem Tod des georgischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili geht es in und an der gefährlichsten Bahn der Welt drunter und drüber, und ein Ende ist nicht in Sicht. Umstürzende Bobs, scheinbar hilflose Funktionäre und hektische Korrekturen an der Strecke gehören zum Tagesgeschäft. Zu allem Überfluss darf ab Samstag im Frauen-Rennen auch noch eine Mannschaft mitfahren, die in einer Fernseh-Show gecastet wurde.

Doch selbst routinierte Bob-Piloten sind von der Sturzserie betroffen. Der Schweizer Europameister Beat Hefti wird nach einem Trainingssturz nicht am Zweierbob-Rennen am Samstag (ab 17.00 Uhr Ortszeit/Samstag 02.00 Uhr MEZ) teilnehmen. Er hatte bei dem Sturz Prellungen und eine Gehirnerschütterung erlitten, verpasste das Training am Freitag und konnte daher nicht für das Rennen melden.

Am Freitag stürzte der Schweizer Zweier von Daniel Schmid, Anschieber Jürg Egger musste ins Krankenhaus. „Ich werde hier mit Sicherheit nicht mehr fahren“, sagte Schmid in einer ersten Reaktion.

„Die FIBT ist schuld“ 

„Wenn man so eine schwierige Bahn hat, dann muss gewährleistet sein, dass man Vorkehrungen trifft, dass alle Athleten die Bahn auch beherrschen“, sagte der deutsche Verbandspräsident Andreas Trautvetter dem SID – ungeachtet des Maulkorbs, den der Weltverband FIBT verhängt hat, um öffentliche Kritik am Eiskanal und den Geschehnissen im Tal hinter Whistler zu verhindern. Der zweimalige Olympiasieger und ehemalige Weltklassepilot Christoph Langen sagt unverblümt: „Die FIBT ist schuld.“

Bereits nach den ersten Tests hatten Bob-Piloten und Rodler gewarnt. Die Verbände hätten nicht auf Hinweise reagiert und einfach die Bahn abgenommen, meinte der deutsche Bob-Cheftrainer Raimund Bethge. Christoph Langen bestätigt: „Die Piloten haben schon damals ihre Probleme geäußert, aber deren Veto wurde nicht richtig gehört.“ Es könne nicht sein, dass jeder kleine Fehler zu einer großen Gefahr führe, so Langen.

Teilnahme bei TV-Show

Der Rodel-Weltverband FIL wies unterdessen die Vorwürfe zurück. „Wir haben unter anderem die Banden erhöht und insgesamt für mehr Sicherheit gesorgt“, sagte Präsident Josef Fendt. Eine große Gefahr könnten auch die am Samstag beginnenden Trainingsläufe im Frauen-Zweierbob werden. Zu viele unerfahrene Athletinnen rasen den gefährlichen Hochgeschwindigkeitskurs runter. Darunter Ex-Speerwerferin Elfje Willemsen mit Anschieberin Eva Willemack: Die Belgierinnen bewarben sich bei einer TV-Show, in der es um die Gründung eines Bobteams ging. Sie gewannen – und erfüllten sich nach einigen Starts im Europa- und Weltcup ihren olympischen Traum, der vom TV-Sender auf Schritt und Tritt begleitet wird.

Astrid Loch-Wilkinson und Cecilia McIntosh aus Australien klagten sich kurzfristig über den Internationalen Sportgerichtshof CAS als 21. Team ins Starterfeld ein. Aufgrund einer FIBT-Quotenregel darf jeder Kontinent bei Olympia mit einem Männer- und Frauen-Team vertreten sein. „Es ist schwerer, sich für einen Weltcup zu qualifizieren, als für Olympische Spiele“, sagt Trautvetter.

Die FIBT wollte hingegen Trainer und Athleten mit einem Maulkorb zum Schweigen bringen, setzte für die Frauenbobs und den Männer-Wettbewerb zusätzliche Trainingsläufe an und spielt die Gefahr herunter. Die Stürze seien nicht ungewöhnlich, in Park City 2002 hätte es im ersten Trainingslauf 17 Stürze gegeben, meinte FITB-Sprecher Don Krone. Für den Maulkord-Erlass erntete der Weltverband Hohn und Spott.

Übrigens: In Whistler soll 2013 die Rodel-WM stattfinden. Doch die Zukunft der für umgerechnet 75 Millionen Euro erbauten Bahn steht nach den Vorfällen bei Olympia in den Sternen. SID