Yassin Salhi war ruhiger Familienvater

Yassin Salhi war ruhiger Familienvater
(Laurent Cipriani)

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Frankreich rätselt darüber, wie aus einem unauffälligen Vater ein brutaler Mörder werden konnte. Der mutmaßliche Attentäter wird weiter durch die Mangel genommen.

Nach dem offenbar islamistisch motivierten Anschlag auf ein Gaslager in Frankreich und der Enthauptung eines Mannes ist der mutmaßliche Attentäter am Samstag weiter vernommen worden. Den Ermittlern ging es zunächst vor allem darum herauszufinden, ob es Komplizen gab. Frankreichs Präsident François Hollande beriet derweil mit seinen zuständigen Ministern über die weiteren Konsequenzen des Anschlags.

Dem 35-jährigen Yassin Salhi wird vorgeworfen, am Freitag auf das Gelände der auf Gasprodukte spezialisierten Firma Air Products in Saint-Quentin-Fallavier nahe Lyon vorgedrungen zu sein und in einem Hangar voller Gasflaschen eine Explosion verursacht zu haben. Feuerwehrleute konnten den Mann in einem zweiten Hangar überwältigen, als er gerade mit Azeton gefüllte Flaschen öffnete, um eine weitere Explosion zu verursachen.

Abgetrennter Kopf

Am Anschlagsort entdeckten Polizisten zudem die enthauptete Leiche des Chefs des mutmaßlichen Attentäters sowie ein Messer, das am Samstag noch untersucht wurde. Den abgetrennten Kopf fanden die Polizisten am Zaun der Industrieanlage befestigt, daneben zwei islamistische Flaggen. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst keine Dschihadistengruppe – anders als bei den am selben Tag verübten Attentaten in Tunesien und Kuwait, zu denen sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannte.

Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins hatte am Freitag erklärt, es gebe noch zahlreiche Unklarheiten, unter anderem, ob es Komplizen gab. Neben Salhi wurden auch seine Ehefrau, seine Schwester und ein weiterer Mann festgenommen. Gegen letzteren wird wegen „Terrorvorwürfen“ ermittelt, seine Verbindung zum Anschlag ist aber noch unklar. Bislang gibt es Molins zufolge keine Hinweise, dass Salhi einen Komplizen bei sich hatte.

Hohe Bedrohungslage

Hollande beriet am Samstag mit den Ministern für Äußeres, Inneres, Justiz und Verteidigung sowie Premierminister Manuel Valls über Konsequenzen aus dem Anschlag. Valls hatte seinen Südamerika-Besuch vorzeitig abgebrochen und war am Morgen wieder in Paris eingetroffen. Innenminister Bernard Cazeneuve sagte am Samstag, die Regierung arbeite angesichts der Bedrohungslage ohne Unterlass. Zugleich verwies er auf die in den vergangenen Monaten ergriffenen Maßnahmen gegen den Extremismus, etwa die Stärkung der Geheimdienste. Valls hatte zuvor gewarnt, dass Frankreich weitere Anschläge drohten und das Attentat vom Freitag die Spannungen im Land verschärfen dürfte.

„Dieser makabere Akt der Enthauptung und die Inszenierung mit Flaggen ist in Frankreich neu“, sagte Valls. Zugleich warnte er vor weiteren Anschlägen. Die Frage sei nicht, ob es einen weiteren Anschlag geben werde, sondern wann. Frankreich war bereits im Januar Ziel von islamistischen Attentaten geworden, als drei Islamisten bei Anschlägen auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“, auf eine Polizistin und auf einen jüdischen Supermarkt im Großraum Paris insgesamt 17 Menschen töteten.

Keine Vorstrafen

2012 tötete ein Islamist in Toulouse Soldaten und jüdische Kinder. Hunderte Franzosen schlossen sich überdies den Dschihadisten in Syrien und im Irak an. Ebenso wie die Attentäter von Paris und Toulouse war auch Salhi den Behörden wegen „Radikalisierung“ bekannt. 2006 war er auf eine Liste der Sicherheitsbehörden gesetzt, 2008 aber wieder aus dem Register gestrichen worden. Vorstrafen hatte der dreifache Vater nicht.

Staatsanwalt Molins sagte, zwischen 2011 und 2014 sei Salhi den Geheimdiensten immer wieder wegen Kontakten zur Salafisten-Szene von Lyon aufgefallen. Ein Kollege Salhis beschrieb ihn als „Wolf im Schafspelz“. Er habe auch über den IS gesprochen.

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