Wo ist der Rettungsschirm für Hungernde?

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(dpa)

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Die Krise der reichen Europäer bekommen auch die armen Länder zu spüren. Für Banken werden Milliardenhilfen locker gemacht, aber für den Kampf gegen Hunger und Armut gibt es kein Geld. Die Enttäuschung für die Gipfel in Los Cabos und Rio de Janeiro ist programmiert.

Die Finanzkrise der reichen Länder reißt die armen Länder immer tiefer in die Misere. Auf dem Gipfel der großen Industrie- und Schwellenländer (G-20) im mexikanischen Los Cabos dreht sich alles um die Schuldenprobleme der Europäer – doch wird leicht übersehen, dass die Auswirkungen der Krise auch die Ärmsten in den Entwicklungsländern treffen. Hilfsorganisationen warnen vor einer „teuflischen Abwärtsspirale“ und fordern von den Führern der reichsten und mächtigsten Staaten der Welt, bei ihrem Treffen am Montag und Dienstag im dem Badeort an der Pazifikküste das Schicksal der Armen und Hungernden nicht zu vergessen.

„Hier geht es um Leben und Tod“, sagt Silvia Holten vom Kinderhilfswerk World Vision. „Die Finanzkrise ist von den reichsten Ländern verursacht worden, aber die ärmsten Länder der Welt tragen die Hauptlast.“ Dazu seien diese Nationen aber nicht in der Lage. „Eine Milliarde Euro nach der anderen zaubern die Regierungen für die Rettung der Banken aus der Tasche, aber wenn es um die ärmsten Länder der Welt geht, haben sie Stacheldraht in der Tasche.“ Sie fordert einen „Rettungsschirm“ für die Armen und Hungernden.

Massive Exportrückgange

Mit dem Rückgang der Konsumfreudigkeit in den wohlhabenden Industrienationen müssen die armen Länder „massive Exportrückgänge“ hinnehmen, sagt Jörn Kalinski von der Hilfsorganisation Oxfam. Durch Krise und Jobverluste überwiesen zudem ausländische Arbeitskräfte in reichen Industrieländern deutlich weniger nach Hause an ihre Familien – ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für diese Länder. Die Überweisungen machen zwischen 250 und 300 Milliarden US-Dollar aus – das sind zwei- bis dreimal so viel wie die gesamte Entwicklungshilfe, die 2011 rund 133 Milliarden US-Dollar erreichte. Auch die ausländischen Investitionen gehen spürbar zurück.

Der Sparkurs der Industrieländer hat 2011 erstmals seit 14 Jahren auch die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit fallen lassen. Die vollmundigen Versprechen früherer Gipfel für die Armen und Hungernden hätten sich ohnehin schon oft als Mogelpackungen oder Zahlentricks erwiesen, wie Hilfsorganisationen kritisieren. Viele versprochene Milliarden sind nie ausgezahlt worden. Und obwohl mehr als die Hälfte der Ärmsten der Welt in G20-Ländern lebt, ist schon vor diesem Gipfel am Montag und Dienstag klar, dass der politische Wille fehlt, diese Probleme konkret anzupacken.

Verpasste Chance

Eine verpasste Chance, sagen Hilfsorganisationen, die auch auf dem unmittelbar danach stattfindenden UN-Gipfel Rio+20 für nachhaltige Entwicklung ein Debakel fürchten müssen. Die Abschlusserklärung über „Die Zukunft, wie wir wollen“ ist zu zwei Dritteln noch offen. Ob in Rio de Janeiro oder Los Cabos – überall dient die Wirtschaftskrise als Entschuldigung, um finanzielle Forderungen abzuweisen, auch wenn eine bessere Entwicklung der Entwicklungsländer durchaus globale Wachstumsimpulse geben kann.

Dabei hatten die starken und reichen Staaten ein Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 auf ihrem G20-Gipfel in London einen Aktionsplan für „starkes, nachhaltiges und ausbalanciertes Wachstum“ gestartet. Drei Jahre später gibt es nur Enttäuschung. Die Initiative hat „nicht viel gebracht“, sagt Oxfam-Sprecher Kalinski. „Weltweit geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander.“ Die Kluft sei seit 30 Jahren nie größer als heute – besonders in den G20-Staaten.