„Wir wählen Frieden“

„Wir wählen Frieden“
(dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Kriegsgerät rollt durch Kiew, Soldaten marschieren über den Maidan. Präsident Poroschenko kündigt am Unabhängigkeitstag an, die Rüstungsausgaben drastisch zu erhöhen.

Inmitten des blutigen Konflikts mit Separatisten hat die Ukraine demonstrativ mit einer Militärparade den 23. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit gefeiert. Rund 1500 Soldaten marschierten im Beisein von Oberbefehlshaber und Staatspräsident Petro Poroschenko durch das Zentrum von Kiew. Dutzende gepanzerter Fahrzeuge und Raketenwerfer rollten durch die Hauptstadt. «Der Krieg ist nicht unsere Initiative. Er wurde uns von außen aufgedrängt. Wir wählen den Frieden», sagte Poroschenko am Sonntag auch an die Adresse Russlands, das die Aufständischen im Osten unterstützt. Poroschenko kündigte eine Armeereform sowie Waffenkäufe im Wert von 2,2 Milliarden Euro an.

Ukrainische Soldaten werden in Donezk vorgeführt, als Antwort der Militärparade in Kiew. (Bild: dpa)

Separatisten führen gefangene ukrainische Soldaten in Donezk vor

Prorussische Separatisten haben dutzende gefangene ukrainische Soldaten öffentlich in der ostukrainischen Großstadt Donezk vorgeführt. Die bei der Armeeoffensive gegen die Aufständischen gefangen genommenen Soldaten wurden am Sonntag auf den zentralen Leninplatz gebracht, wo Einwohner sie mit Rufen wie „Faschisten! Faschisten!“ beschimpften, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Zurschaustellung erfolgte am Unabhängigkeitstag, der in der Hauptstadt Kiew mit einer großen Militärparade gefeiert wurde. (AFP)

Tausende Zuschauer standen bei Sommerwetter auf dem Maidan (Unabhängigkeitsplatz), auf dem es im Winter Demonstrationen für eine Westintegration der Ukraine gegeben hatte. Für die erste ukrainische Militärparade seit 2009 war die Prachtstraße Kreschtschatik festlich in den Nationalfarben Gelb und Blau geschmückt. Auch Bürgermeister und Ex-Boxchampion Vitali Klitschko verfolgte die Waffenschau.

„Brutale Terroristen“

„Die Vorgänge der vergangenen Monate sind für uns wenn auch nicht zu einem erklärten, aber zu einem wirklichen Krieg geworden“, sagte Poroschenko in seiner Rede. Die Separatisten seien „brutale Terroristen“. Bundespräsident Joachim Gauck äußerte in einem Telegramm an Poroschenko die Hoffnung auf eine engere EU-Anbindung der Ukraine. „Meine Gedanken gelten besonders der Zivilbevölkerung, die unter den Kampfhandlungen leidet“, schrieb Gauck.

In der Ukraine ist die Waffenschau wegen der blutigen Kämpfe im Osten und in Zeiten knapper Staatskassen nicht unumstritten. Es handele sich aber um eine „Geste zur Unterstützung der kämpfenden Einheiten im Osten“, nicht um eine Siegesparade, sagte Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat in Kiew. Auch in der Hafenstadt Odessa war eine Militärparade geplant. Die damalige Sowjetrepublik Ukraine hatte am 24. August 1991 ihre Unabhängigkeit von Moskau erklärt.

Krankenhaus in Donezk beschädigt

Unweit des Kremls nahm die Polizei in Moskau drei Männer und zwei Frauen fest, die die ukrainische Fahne an einer Brücke befestigen wollten. Erst vor wenigen Tagen hatte die russische Polizei vier Verdächtige verhaftet, die auf einem Hochhaus die Flagge des Nachbarlandes gehisst hatten. Ihnen drohen sieben Jahre Lagerhaft.

Bei neuen heftigen Gefechten in der Separatistenhochburg Donezk beschädigten Granaten ein Krankenhaus. Von Opfern war zunächst nichts bekannt. Die Aufständischen teilten mit, bei einer Gegenoffensive etwa 5000 Angehörige von Regierungseinheiten sowie 50 Panzer und mehr als 200 gepanzerte Fahrzeuge bei Amwrosijewka nahe der russischen Grenze eingekesselt zu haben. Dafür gab es aber keine Bestätigung.

Mit Spannung wurde am Sonntag erwartet, ob sich Poroschenko zu möglichen Neuwahlen im Oktober äußert. Der Präsident hatte mehrfach betont, er könne in Absprache mit den Parteien der Verfassung gemäß das Parlament auflösen und eine vorgezogene Abstimmung ansetzen.