„Wir können sie nicht aufhalten“

„Wir können sie nicht aufhalten“
(AP)

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Seit Jahren terrorisiert eine Makaken-Horde ein thailändisches Dorf. Bei ihren Raubzügen plündern sie Kühlschränke. Sogar Medizin ist nicht vor ihnen sicher.

Raubzüge sind in Khlong Charoen Wai an der Tagesordnung. Niemand im Dorf ist vor den heimtückischen Eindringlingen sicher. Sie steigen durch Fenster ein, plündern Regale und Kühlschränke und hinterlassen eine Spur der Verwüstung – die Makakenbanden an der Ostküste Thailands.

Die Affen blündern die Häuser. (Youtube-Screenshot)

„Sie schleichen sich in unser Haus, wenn sie sehen, dass ich schlafe“, schildert Chaluay Khamkajit einen Überfall. „Dann machen sie sich in der Küche über das Öl, den Zucker und sogar über die Medikamente im Schrank her“, empört sich die 72-Jährige. Neues Essen könne sie kaufen, aber auf die Medizin sei sie dringend angewiesen. Inzwischen haben die Dorfbewohnerin und ihr Mann ein Schloss für den Kühlschrank gebastelt, auch eine Schleuder liegt bereit. Doch auch damit können sich die beiden nicht zuverlässig vor den Affenbanden schützen.

Hunderte Affen in einer Nacht

Seit zehn Jahren geht das in Khlong Charoen Wai nun schon so, keiner der 150 Haushalte im Dorf blieb verschont. Die meisten Menschen in dem 80 Kilometer von Bangkok entfernten Ort arbeiten auf den Garnelenfarmen, von denen es immer mehr gibt. Die Ausweitung der Garnelenzucht und die damit einhergehende Abholzung der Mangrovenwälder sind auch der Grund, weshalb die Affen in die Wohngebiete vordringen.

„Früher haben sie genügend Nahrung in den Wäldern gefunden, aber wenn der Wald weniger wird, dann müssen sie sich ihr Futter eben in den Häusern der Menschen suchen“, sagt Dorfvorsteher Chatree Kaencharoen. Er ärgert sich darüber, dass manche Menschen die Makaken auch noch füttern. „Manchmal kommen hunderte Affen auf einmal, besonders in der Kühle der Morgen- und Abenddämmerung. Sie wissen, wann Essenszeit ist“, sagt Chatree.

Schuld hat der Mensch

Die Umweltschutzorganisation WWF sieht die Schuld für die lästigen Überfälle eindeutig bei den Menschen. Sie seien in den Lebensraum der Affen vorgedrungen, nicht umgekehrt, sagt der thailändische Landeschef der Organisation, Petch Manopawitr. „Makaken können ihr Verhalten gut anpassen, sie lernen auf ähnliche Art wie die Menschen. Und wenn sie wissen, dass sie in einem Dorf Nahrung finden, dann kommen sie auch.“

Die Ausdehnung von Siedlungen und Plantagen in frühere Urwaldgebiete führt auch andernorts in Thailand zu unliebsamen Begegnungen von Mensch und Tier. Selten seien es Tiger oder Elefanten, die sich in die Dörfer wagen, sagt Petch. Häufig fräßen Wildschweine Felder ab. „Aber die können die Dorfbewohner zumindest erschießen und essen.“

Wenige Hilfsmittel gegen die Affen

Der WWF schlägt Alarm: Wenn die Regierungen nicht schnell handeln, wird ein Drittel des verbliebenen Waldes in der Mekong-Region in den nächsten 20 Jahren dem wachsenden Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen zum Opfer fallen, wie es in einem aktuellen Bericht heißt. Zwischen 1973 und 2009 verschwanden laut WWF 43 Prozent des thailändischen Urwalds. Statt in den Mangrovenwäldern verbringen die Affen in Khlong Charoen Wai ihre Tage am Rand des Dorfes.

Einige springen von Baum zu Baum, während Makakenmütter mit ihren Babys an der Brust an den Bambusbrücken hängen, die über das sumpfige Land führen. Nähert sich ein Mensch, hauen die Affen ab. Fühlen sie sich jedoch unbeobachtet, starten die Makaken ihre Raubzüge, dringen in die Häuser ein und hinterlassen ihre schlammigen Fußabdrücke.

Die Bewohner versuchen sich mit Netzen zu schützen oder halten ihre Fenster trotz der tropischen Hitze geschlossen. Auch die Behörden versuchten, die Affen zurückzudrängen, indem sie einige von ihnen sterilisierten. Doch es seien zu wenige gewesen, als dass sich die Lage gebessert hätte, sagt der stellvertretende Dorfvorsteher Tawin Songcharoen resigniert. „Wir können sie nicht aufhalten.“