/ Wie sicher sind Luxemburgs Discos?

Am Sonntag wird eine Disco in Brasilien zur Todesfalle: In einem Nachtclub feiern hunderte junge Menschen ausgelassen eine Party. Dann bricht ein Feuer aus. Panik greift um sich. Viele schaffen es nicht mehr zum Ausgang. Über 230 junge Menschen kommen ums Leben.
Hochgiftige Dämpfe lösten am Sonntag im Nachtclub Kiss in Santa Maria im Süden des Landes, eine Massenpanik unter den Feiernden aus, viele Besucher rannten verzweifelt um ihr Leben. Die Sicherheitskräfte der Diskothek hatten laut Feuerwehr offenbar eine zentrale Tür verriegelt.
Luxemburgs strenge Regeln
Angesichts dieser Tragödie stellt sich die Frage, wie sicher eigentlich Nachtclubs und Festivalhallen in Luxemburg sind. Die Gewerbeaufsicht und das Umweltministerium überwachen, zusammen mit den Rettungsdiensten die Sicherheit in den öffentlichen Gebäuden. Sie hat in diesem Zusammenhang in Luxemburg auch Sicherheitsregeln für Diskotheken ausgearbeitet.
Die Sicherheit fängt schon beim Bau an. Dort wird genau geprüft, dass keine leicht brennbare Materialien benutzt werden. In den Tanzlokalen müssen die Notausgänge immer leicht zu erreichen sein. Im Fall, wo Tribünen aufgebaut wurden, ist es strikt verboten, brennbares Material unter den Podesten zu lagern. Die Geländer, die von den Tribünen herunterführen, müssen einem Massenansturm standhalten. Auch die Räume neben den Tanzsälen dürfen kein leicht entzündbares Material enthalten, wie Papier, Textilien, Holz, chemische Produkte usw.
Große Tanzsäle müssen in verschiedene sogenannte „Schott-Räume“ aufgeteilt sein. Bei Sälen mit einer Fläche von über 4.500 Quadratmetern ist die Aufteilung obligatorisch. Die einzelnen Bereiche müssen den Flammen während mindestens 90 Minuten standhalten. Das Ziel dieser Abtrennung ist es, ein Ausbreiten der Flammen zu verhindern.
In Sälen, in denen zwischen 500 und 1000 Personen Platz haben, müssen mindestens drei Notausgänge existieren. Sie müssen klar ausgeschildert sein und sich immer nach außen öffnen. Ein einem Gebäude mit einem Fassungsvermögen von 1000 und 1500 Personen erhöht sich die Zahl der obligatorischen Notausgänge auf vier, bei einem Saal der zwischen 1500 und 2000 Menschen fassen kann sogar auf fünf.
Genügend Fluchtwege
Wenn das Haus mehr als 500 Besucher fassen kann und ein Stockwerk besitzt, ist die Schaffung von mindestens drei Feuertreppen Pflicht. Zwischen 1000 und 1500 Personen erhöht sich die Zahl auf vier, zwischen 1500 und 2000 Personen auf fünf Treppen. Die Feuertreppen müssen breit genug sein und klar gezeichnet sein.
In Diskotheken mit einer Fläche von über 150 Quadratmetern muss sich mindestens ein Hydrant befinden. In Tanzsälen, wo über 1500 Menschen Platz haben ist, die Installierung von Rauchmeldern obligatorisch. Ab 150 Quadratmetern muss der Disko-Betreiber eine Rauchabzugsvorrichtung einbauen. In großen Tanzsälen ist ebenfalls der Einbau einer automatischen Sprenkel-Anlage vorgeschrieben. Spezielle Nottelefone, die in der Disco verteilt sind, sollen helfen die Rettungsdienste im Falle eines Feuers zu erreichen. Auch muss immer genügend Licht in den Sälen vorhanden sein, die eine reibungslose Evakuierung ermöglichen.
Manchmal werden in den Diskotheken Feuerwerkskörper gezündet. Sie werden von der Gewerbeaufsicht kontrolliert und dürfen nur mit einer Sondergenehmigung benutzt werden.
Des Weiteren gibt es eine Regel, was die Kapazität der Säle anbelangt. Es dürfen sich im Durchschnitt nicht mehr als drei Personen pro Quadratmeter im Raum aufhalten. Eine Disco mit 500 Quadratmetern darf also nicht mehr als 1500 Menschen einlassen.
Helfer in der Not
Auch was das Sicherheitspersonal anbelangt, gibt es genaue Regeln, betont der stellvertretende Direktor der ITM, Robert Huberty. In einem Saal, der 300 bis 500 Leute aufnehmen kann, müssen mindestens 2 Sicherheitsleute präsent ein. Für einen Raum mit einem Fassungsvermögen von 501 bis 1000 Menschen werden 4 Sicherheitsbeamte benötigt. Für einen Saal mit einer Kapazität zwischen 1001 und 1500 Personen sind 6 Beamte notwendig. Und bei einem Saal von 1501 und 3000 Personen passen mindestens 8 „Security Agents“ auf die Besucher auf.
Bei Events, mit weniger als 1000 Besuchern ist der Veranstalter für das Sicherheitspersonal verantwortlich. Bei über 1000 Menschen hilft die Rettungsdienstverwaltung dem Organisator. Discos mit einem Fassungsvermögen von weniger als 500 Personen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Bürgermeisters, bei Tanzlokalen mit einer Kapazität von über 500 Personen ist das Umweltministerium und die Gewerbeaufsicht für die Genehmigung verantwortlich. Im Allgemeinen sind die luxemburgischen Discos sicher, erklärte Robert Huberty.
Frühere Katastrophen
Die bisher größte Katastrophe in einem Vergnügungslokal ereignete sich 1942 in Boston (USA): Mindestens 490 Menschen starben im Nachtclub „Coconut Grove“. An Silvester 2012 sterben bei einer Massenpanik während Neujahrsfeiern in Abidjan an der Elfenbeinküste 62 Menschen. In der angolanischen Hauptstadt Luanda kommen 16 Menschen ums Leben, als Tausende in das mit mehr als 70.000 Menschen überfüllte Stadion zu einer religiösen Andacht strömten. Viele werden verletzt.
Im November 2010 kommen in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh bei einer Massenpanik während des Wasserfestes 375 Menschen ums Leben. Sie werden auf einer überfüllten Brücke zu Tode getrampelt oder ersticken.
Loveparade in Duisburg
Während der Loveparade im deutschen Duisburg kommt es im Juli 2010 zu einer Massenpanik. 21 Menschen sterben. Leute versuchen, eine Mauer und eine Treppe hinaufzuklettern, um dem Gedränge zwischen zwei Tunneln zu entgehen. Als einige von ihnen aus mehreren Metern Höhe in die Menschenmasse stürzen, bricht Panik aus.
Bei einer Brandkatastrophe in einem Nachtclub der russischen Stadt Perm, kamen im Dezember 2009 136 Menschen ums Leben. Im Januar 2009 finden bei einem Brand während einer Silvesterfeier in einem Nachtclub in Bangkok 67 Menschen den Tod. Der Brand wurde vermutlich von einem Feuerwerk ausgelöst. Bei einem Feuer in einem südchinesischen Tanzclub in Shenzhen kommen im September 2008 mindestens 43 Besucher ums Leben. Feuerwerkskörper verursachten die Katastrophe.
In der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires kommen bei einem Großbrand im Dezember 2004 in einem Tanz- und Konzertlokal 194 Menschen ums Leben. Das Feuer bricht aus, als Besucher eines Rockkonzerts Bengalisches Feuer abbrennen und die Deckendekoration Feuer fängt.
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