Westen macht Druck auf Russland

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Russland zieht die Einmarscherlaubnis für Präsident Putin in der Ukraine zurück. Nato und USA ist das nicht genug. Weitere Schritte zur Entspannung müssen folgen.

Die Gefahr eines russischen Einmarsches in die Ukraine ist vorerst gebannt. Doch der Westen fordert die Moskauer Führung zu weiteren Signalen der Zusammenarbeit auf. Russland müsse Schritte zur Entspannung einleiten, sagte US-Außenminister John Kerry am Mittwoch bei einem Treffen der Nato-Außenminister in Brüssel. „Es gibt viele konkrete Dinge, die wirklich einen Unterschied machen würden.“ Der Föderationsrat in Moskau hatte zuvor die Vollmacht für Kremlchef Wladimir Putin zum möglichen Einmarsch in die Ukraine aufgehoben, wie die Agentur Interfax meldete. Putin selbst hatte einen entsprechenden Antrag gestellt.

„Wir sind hocherfreut“, sagte Kerry zu Russlands Verzicht auf die Einmarscherlaubnis. „Das ist wichtig, das ist ein großer Schritt. Aber er könnte in zehn Minuten rückgängig gemacht werden – und jeder weiß das“, sagte er. Ein wirklicher Fortschritt wäre, wenn Putin öffentlich die Separatisten auffordern würde, die Waffen niederzulegen, seine Diplomaten zur Mithilfe bei der Räumung besetzter Gebäude anweisen, aktiv zur Entwaffnung beitragen und Verhandlungen mit der Ukraine organisieren würde. Solange es solche Schritte nicht gebe, bereiteten die USA schärfere Sanktionen gegen Russland vor.

Keine Waffenlieferungen mehr

Die Nato verlangte von Russland ein Ende von Waffenlieferungen an Separatisten in der Ostukraine. Die russische Regierung solle aktiv dabei helfen, den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko umzusetzen, erklärten die Nato-Außenminister.

Die zivile und militärische Zusammenarbeit der Nato mit Russland bleibt bis auf weiteres ausgesetzt. „Heute sehen wir keine Veränderungen im Verhalten Russlands“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zur Begründung. „Russland hat die Regeln gebrochen und Vertrauen zerstört.“

OSZE soll kontrollieren

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Präsidenten Putin, Poroschenko und François Hollande (Frankreich) einigten sich am Abend in einer Telefonkonferenz darauf, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) künftig bei der Kontrolle des Waffenstillstands und der Grenzen im Osten der Ukraine mitwirkt. Bei kommenden Gesprächen zur Lösung der Krise solle „ein Mechanismus erarbeitet werden, um die Waffenruhe zu überwachen und die Grenzsicherung zwischen der Ukraine und Russland zu überprüfen“, teilte das Kanzleramt mit.

Im russischen Föderationsrat stimmten 153 Abgeordnete für den Antrag von Putin, bei einer Gegenstimme. Der Schritt solle die Lage in der Ukraine weiter entspannen, hieß es. Mit seinem Beschluss korrigiere das Oberhaus des Parlaments nicht etwa einen Fehler, sagte der Vizevorsitzende Iljas Umachanow. „Es ist ein positives Signal an unsere westlichen Partner“, erklärte er.

Russen schützen

Der Rat hatte Putin die Erlaubnis zur Militärintervention am 1. März 2014 auf dem Höhepunkt der Krim-Krise erteilt. Der Präsident hatte dies damit begründet, dass russische Bürger im krisengeschüttelten Nachbarland geschützt werden müssten. Moskau werde die Interessen der russischen Bürger in der Ukraine weiter schützen, sagte Putin. „Wir hoffen, dass wir dafür keine Waffen brauchen werden“, hatte er am Dienstag in Wien gesagt.

Die Aufständischen in der Ostukraine bedauerten die Entscheidung. „Russland sollte im Druck auf die Führung in Kiew nicht nachlassen und Friedenssoldaten nach Donezk und Lugansk entsenden“, forderte der Separatistenanführer Pawel Gubarew. Föderationsratschefin Valentina Matwijenko wies dies zurück. „Das ist eine innenpolitische Krise“, sagte sie.

Brüchige Waffenruhe

Eine von Poroschenko und später auch von den Separatisten ausgerufene Waffenruhe hat sich bisher als brüchig erwiesen. Die Separatisten warfen der Armee vor, Stellungen mit Artillerie zu beschießen. Eine Bestätigung gab es zunächst nicht. Armeesprecher Wladislaw Selesnjow beschuldigte die militanten Gruppen, die Regierungseinheiten zu attackieren. Am Dienstag waren beim Abschuss eines Armeehubschraubers neun Soldaten in der Ostukraine getötet worden.

Poroschenko bekräftigte seinen Willen zu einer politischen Lösung. Sein Friedensplan habe Vorrang, sagte er. Der Präsident drohte den Aufständischen mit einem Abbruch der Feuerpause, die bis Freitag gelten soll.

Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge wurden seit Mitte April mindestens 423 Menschen im Ukraine-Konflikt getötet. Bei den zwischen dem 15. April und dem 20. Juni Getöteten handelt es sich demnach sowohl um Soldaten als auch um Zivilisten.