„Wenn Blicke töten könnten“

„Wenn Blicke töten könnten“
(Tageblatt-Archiv/Isabella Finzi)

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Vor Gericht musste sich am Mittwoch ein 46-jähriger hoher Beamter eines Ministeriums verantworten. Er soll mehrere Nachbarn mit Schlägen verletzt und ihnen gedroht haben.

Vor rund einem Jahr wurde der Prozess bereits verhandelt. Damals wurde der Mann zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Im ersten Prozess war er selbst nicht anwesend und reichte anschließend „Opposition“ gegen das Urteil ein. Am Mittwoch nun erschien der Angeklagte vor Gericht, zusammen mit seiner Verteidigerin.

Der 46-Jährige soll teilweise mitten in der Nacht Nachbarn im Wohngebäude in Esch, wo er selbst wohnt, belästigt und auch geschlagen haben. Die Taten ereigneten sich 2013 und 2014. Damals kam es immer wieder zu den Belästigungen. Das Opfer, eine 41-jährige Frau, betonte gestern im Zeugenstand: „Immer wieder hat er sich durch Lärm gestört gefühlt. Mehrfach hat er mitten in der Nacht bei mir an der Tür geklingelt. Es ging sogar so weit, dass er mir den Strom abgeschaltet hat. Ich habe aber mitten in der Nacht weder Lärm gemacht noch Geräusche gehört, die den Mann hätten stören können. Mehrmals hat er mir vorgeworfen, der Lärm käme aus meiner Wohnung und es würde sich anhören, als ob jemand mit Eisenstangen gegen den Fußboden schlagen würde“, so die Frau.

„E schlechte Mann“

„Am 13. September bin ich dem Angeklagten im Flur des Gebäudes über den Weg gelaufen. Ich hatte Angst. Er ist zusammen mit mir in den Aufzug gestiegen und hat mich dort geschubst und mit den Füßen getreten“, erklärte die Frau. „Heute habe ich nur noch wenig Kontakt zu dem Beschuldigten. Er blickt mich im Treppenhaus nur kurz an und wenn Blicke töten könnten, wäre ich schon lange tot“, so die Zeugin.

Eine weitere Frau betonte, sie sei ebenfalls von ihm bedroht worden: „Ich war Besitzerin eines Blumenladens in der rue du Canal in Esch. Der Angeklagte wollte eine spezifische Blume kaufen, die aber nicht in meinem Sortiment vorhanden war. Kurze Zeit später erhielt ich einen Anruf von dem Angeklagten, dass er die besagte Blume in einem anderen Geschäft gesehen hätte. Er befahl mir, dass ich mir die Blume dort beschaffen solle. Ich verweigerte dies und gab ihm zu verstehen, er könne die Blume auch selbst in dem anderen Laden kaufen. Daraufhin wurde er ausfallend und beschimpfte mich.“

Paranoia

Ein weiterer Zeuge hob hervor, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Angeklagten gekommen sei. „Daat ass e schlechte Mann“, erklärte der Zeuge. Der Beschuldigte selbst stritt ab, dass er den Strom mehrfach abgeklemmt hat. „Ja, es stimmt, dass ich dreimal meine Nachbarin angriff. Doch die Frau hat mich nächtelang von meinem Schlaf abgehalten. Es ist normal, dass bei mir die Sicherungen durchgebrannt sind“, erklärte der Beschuldigte.

Der psychiatrische Gutachter erwähnte, dass der Mann seit 2007 in einem Ministerium arbeiten würde. Der Mann habe aber nur sehr wenig soziale Kontakte. „Mir gegenüber hat der Beschuldigte alle Taten abgestritten“, so der Experte. Er kam zur Schlussfolgerung, dass der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Taten zurechnungsfähig war. Seine sehr spezielle Persönlichkeit hängt laut Gutachter damit zusammen, dass er nur sehr wenig soziale Kontakte habe. Der vorsitzende Richter betonte in Anwesenheit vom Gutachter, dass der Angeklagte vor mehr als einem Jahr einen Brief an Premierminister Bettel, den Untersuchungsrichter und die Generalstaatsanwältin geschickt habe. Darin schrieb er, er werde vom SREL verfolgt. Der Gutachter erklärte, dass bei dem Angeklagten eine Form von Paranoia festgestellt wurde.

Die Staatsanwaltschaft war der Meinung, dass der Beschuldigte bisher sehr viel Schaden angerichtet hatte. Gefordert wurde eine Haftstrafe von 2 Jahren auf Bewährung. Das Urteil wird am 15. Dezember gesprochen.