Weg frei für Verhandlungen

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(Reuters/Alkis Konstantinidis)

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Die griechischen Abgeordneten stimmen einem zweiten Reformpaket zu. Damit ist der Weg frei für Verhandlungen mit den Geldgebern über milliardenschwere Hilfen. Für Regierungschef Tsipras gab es dieses Mal mehr Rückendeckung aus den eigenen Reihen.

Das griechische Parlament hat ein weiteres entscheidendes Reformpaket gebilligt und damit den Weg für Verhandlungen über Milliardenhilfen geebnet. 230 Abgeordnete im Parlament mit seinen 300 Sitzen stimmten am frühen Donnerstagmorgen in Athen für die Maßnahmen, die Reformen im Bereich der Justiz und der Banken vorsehen.

Die Billigung des zweiten und letzten Reformpakets war Voraussetzung für die Aufnahme von Gesprächen mit den Gläubigern aus EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) über ein neues Hilfsprogramm für das von der Pleite bedrohte Land.

Verhandlungen noch in dieser Woche

Laut Finanzminister Euklid Tsakalotos könnte die Regierung bereits am Freitag Gespräche mit den Gläubigern aufnehmen. Eine Einigung müsse bis spätestens 20. August stehen, sagte Tsakalotos im Parlament. Bis dahin muss Griechenland knapp 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen.

Wie das Parlamentspräsidium mitteilte, stimmten am Donnerstagmorgen 63 Parlamentarier gegen das Reformpaket. Es gab demnach 5 Enthaltungen, zwei Abgeordnete waren abwesend.

Keine eigene Mehrheit für Tsipras

Bis zuletzt hatte Ministerpräsident Alexis Tsipras darum gekämpft, potenzielle Abweichler vom linken Flügel seiner Regierungspartei Syriza auf Linie zu bringen. Im Regierungslager gab es Medienberichten zufolge von 162 Abgeordneten 36 Abweichler – bei einer Abstimmung über Änderungen im Steuer- und Rentensystem vor einer Woche waren es noch 39 gewesen.

Die Koalition aus dem Linksbündnis Syriza und den Rechtspopulisten (Anel) verfehlte damit erneut eine eigene Mehrheit. Tsipras wird bei den Reformen aber von der Opposition unterstützt. Vor dem Parlamentsgebäude gab es am Abend erneut Proteste gegen den Spar- und Reformkurs. Vereinzelt flogen Steine und Brandsätze.

Griff nach Haus und Hof

Die wichtigsten Änderungen im Bereich der Justiz sind Maßnahmen zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren. Dies wird nach Angaben von Rechtsanwälten hauptsächlich Eigentümer von Immobilien treffen, die ihren Zahlungsverpflichtungen an Banken nicht nachkommen. Künftig sollen Kreditnehmer ihre Wohnungen verlieren können, wenn sie mit Zins- und Tilgungsraten an die Banken in Verzug geraten.

Mit dem zweiten Teil des nun gebilligten Reformpakets, dem neuen Bankengesetz, sollen Spareinlagen bis 100 000 Euro gesichert werden. Bei höheren Geldeinlagen sollen die Kontoinhaber ebenso wie Aktionäre einen Teil der Lasten der Sanierung maroder Banken mittragen.

„Grexit“ – kein Tabu für Syriza

Gegen die Reformen lief insbesondere der linke Syriza-Flügel Sturm und sprach offen von der Möglichkeit eines griechischen Euro-Austritts. Die vom linken Lager kontrollierte Parteijugend forderte abermals einen Sonderparteitag. In Athen halten Experten eine Spaltung Syrizas und vorgezogene Wahlen auf Initiative Tsipras‘ im Herbst für möglich. Die wichtigsten Oppositionsparteien warnten den Ministerpräsidenten vor Neuwahlen und deren Folgen. Politiker forderten stattdessen parteiübergreifend die Bildung einer Einheitsregierung, um das Land aus der Krise zu führen.

Griechenland ist mit über 300 Milliarden Euro verschuldet und hat – gemessen an der Wirtschaftsleistung – die EU-weit höchste Schuldenlast. Das neue Hilfspaket soll bis zu 86 Milliarden Euro umfassen und sich über drei Jahre erstrecken. Nach Angaben von EU-Währungskommissar Pierre Moscovici streben die Geldgeber eine Vereinbarung in der zweiten August-Hälfte an.

Apotheken, Bäckereien, Verwaltung

Laut dem in Brüssel mit den Geldgebern vereinbarten Spar- und Reformfahrplans muss die griechische Regierung noch weitere Auflagen angehen. Dazu zählen unter anderem die Liberalisierung des stark reglementierten Apotheken-, Bäckereien- und Milchmarktes, die Modernisierung der Regeln für Tarifverhandlungen, Streiks und Massenentlassungen sowie die Modernisierung der Verwaltung.

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