Was lange währt, wird vielleicht gut

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(AP)

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Die Reform des Scheidungsgesetzes ist eine der wichtigen Reformen in Sachen Gesellschaftspolitik, denen sich die Regierungskoalition in dieser Legislaturperiode verschrieben hat.

Seit Mai 2003 ist das Gesetzesvorhaben, durch welches das Scheidungsrecht reformiert werden soll, bereits auf dem Instanzenweg. Im Regierungsprogramm aus dem Jahre 2009 bekundeten CSV und LSAP noch einmal, die Scheidung endlich reformieren zu wollen.

Das neue Gesetz sieht eine Elternpflicht beider Elternteile vor.(Bild: dpa-Archiv)

Hauptziel der Koalition ist es – laut Regierungsabkommen –, das Schuldprinzip bei Scheidungen abzuschaffen, um so das Verhältnis der Partner zu „befrieden“. Es soll nur noch zwei Arten von Scheidungen geben: die Scheidung durch gegenseitiges Einverständnis sowie durch endgültigen Bruch der Beziehung.

Scheidung ohne Schuld

Die Abschaffung der Scheidung wegen Schuldverhaltens eines der Partner ist zwar eine der Hauptneuerungen der Reform, wird aber in dieser Form von einigen Instanzen, wie z.B. dem nationalen Frauenrat oder der Anwaltskammer, abgelehnt.

Das Argument der Gegner ist folgendes: Da die Pflichten der Eheleute beibehalten werden, müsse auch die Verletzung dieser Pflichten weiterhin ein Scheidungsgrund bleiben. Falls man diesen Grund abschafft, müsste man auch daran denken, die Ehe an sich zu reformieren.

Der Fraktionsvorsitzende der Demokratischen Partei, Xavier Bettel, formulierte es folgendermaßen: Es dürfe nicht sein, dass einer der Ehepartner wegen Gewaltanwendung aus der Wohnung verbannt werde, das Opfer deswegen aber nicht die Scheidung einreichen dürfe.

Problem: Rentenansprüche

Ein Problem, das oft im Zusammenhang mit der Scheidungsreform erwähnt wird, ist das der Rentenanspüche des Ehepartners, der aus Familiengründen seine Karriere unterbrochen hat, weil er sich z.B. um die Erziehung der Kinder kümmerte und deshalb keine Pensionsbeiträge bezahlte. Anfangs gingen die Überlegungen in die Richtung, die Rentenansprüche der Eheleute zu teilen (Stichwort Rentensplitting), davon sei man jedoch abgekommen, erklärte die Berichterstatterin des Projekts Christine Doerner (CSV) in einem Interview auf Chamber-TV Anfang dieses Jahres.

Man sei nach Beratungen mit den Sozialversicherungen zu der Überzeugung gekommen, dass diese Lösung zu kompliziert sei. Dem Partner, der seine berufliche Laufbahn aus Ehegründen unterbrochen hat, könnte hingegen in Zukunft eine Entschädigung zugestanden werden. Der nationale Frauenrat beharrt allerdings weiterhin auf einer Individualisierung der Pensionsrechte.

Umstrittene Schlichtung

Umstritten bleibt auch die Einführung einer Schlichtung im Falle einer Scheidung bei „endgültigem Bruch der Beziehung“. Dies könnte die Prozeduren vereinfachen, meint der Gesetzgeber. Für den Frauenrat ist diese Möglichkeit zwar sinnvoll, gehöre aber nicht in den Rahmen der Justizprozeduren.

Auch der Staatsrat steht dem Vorschlag nicht positiv gegenüber. Nur die Möglichkeit im Gesetzestext anzugeben, reiche nicht aus: Die Schlichtungsinstanz müsse darüber hinaus ein eigenes Statut erhalten. Auch dürften die Paare, die so nicht zu einer Einigung kommen, nicht stigmatisiert werden.

Gemeinsame Elternpflicht

In Sachen Pflegerecht der Kinder sieht das Gesetzesvorhaben eine gemeinsame Elternpflicht vor. Werden sich die Partner nicht einig, ist es am Richter, zu entscheiden, wer das Pflegerecht erhält.

Das Pflegerecht kann unter Umständen auch Einfluss auf den Zuspruch der Wohnung haben. Der Richter soll nämlich die Möglichkeit erhalten, die Nutzung der Wohnung dem Partner zuzusprechen, welcher sich um die Kinder aus der Ehe kümmert. Das Eigentumsrecht sei zwar ein unantastbares Recht, das Wohl der Kinder stehe jedoch darüber, und deswegen müssten Ausnahmen gestattet sein.

Diese neue Maßnahme betrifft nur die Fälle, in denen die Wohnung einem der Ehepartner gehört. Auch diese Neuerung bleibt jedoch umstritten. Der nationale Frauenrat bezweifelt, dass diese zur Befriedung der Situation der Eheleute beitragen werde. Die Kinder könnten so zu Geiseln im Kampf um die Wohnungen werden.

Diese Befürchtung wird von der Anwaltskammer geteilt: Das Pflegerecht werde so zum zentralen Streitthema.