Was lange währt, soll endlich gut werden

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LUXEMBURG - Seit 2003 ist die Scheidungsreform auf dem Instanzenweg. Noch vor dem Sommer soll das Gesetzesvorhaben endlich vom Parlament verabschiedet werden.

Am Donnerstag beschäftigt sich das Parlament gleich in zwei Interpellationen mit dem Thema. Lydie Err (LSAP) will in ihrer Interpellation die aktuelle Problematik noch einmal aus der Sicht der Frauen beleuchten, da es vor allem sie seien, die im Falle einer Scheidung finanzielle Einbußen ertragen müssten und oft Gefahr liefen, in die Armut abzudriften. Dem Tageblatt gegenüber zeigte sich die sozialistische Abgeordnete guter Dinge, dass die Reform vor dem Sommer unter Dach und Fach ist, so wie es der Premierminister noch vor Kurzem angekündigt hatte.

Statistik Die Zahlen

Anzahl der Ehescheidungen in Luxemburg

o 1990: 759

o 2000: 1.030

o 2008: 977

o 2009: 1.052

Quelle: Statec

Das neue Scheidungsgesetz soll in erster Linie eine vereinfachte und schnellere Prozedur bringen. Die Scheidung wegen Fehlverhaltens soll abgeschafft werden. Wenn sich die Ehepartner darauf verständigen können, ist statt des Weges über den Richter auch der über einen anerkannten
„médiateur“ möglich. Bei der Festlegung von Alimentenzahlungen schließlich sollen neben den Bedürfnissen des Beziehers auch die finanziellen Möglichkeiten des „Schuldners“ sowie die Dauer des Eheverhältnisses berücksichtigt werden.

Zwei „oppositions formelles“

Zur Erinnerung: In seinem zweiten Gutachten hatte der Staatsrat im vorigen Juli zwei „oppositions formelles“ ausgesprochen. Der erste Einwand richtet sich gegen den Artikel des Textes, welcher die Ehe schon allein durch die Einreichung eines Scheidungsantrages als zerrüttet ansieht. Die Feststellung, ob eine Ehe zerrüttet ist, wäre dann subjektiver Natur, da sie einzig und allein im Ermessen des Antragstellers läge. Der Staatsrat befürchtet, eine solche Klausel führe zu Verstoßungsscheidungen.

Ein weiterer Streitpunkt bleibt noch immer die Frage der Altersabsicherung des Partners, der keine eigene Pensionslaufbahn hat oder seine Arbeit während der Ehe unterbrochen hat. Das Reizwort lautet „Rentensplitting“. Es ist auch zu diesem Punkt, wo der Staatsrat, aufgrund „juristischer Unsicherheit“ im Text, sein „Nein“ aussprach.

Unklare Lösungen

Die vorgeschlagenen Lösungen der zuständigen parlamentarischen Kommission wurden als zu vage angesehen. Um die Rentenansprüche auszurechnen, hatte die Kommission vorgeschlagen, das Gericht solle sich an die Sozialversicherung wenden, was in den Augen der Staatsräte nicht annehmbar sei. Dazu müsse die Sozialversicherung erst mal wissen, wie sie die Ansprüche berechnen soll. Außerdem sei nicht unbedingt jeder, der in Luxemburg wohnt, auch bei der hiesigen Sozialversicherung angemeldet, wie z.B. die internationalen Beamten.

Für Fernand Kartheiser (ADR), den Autor der zweiten Interpellation, wird das Scheidungsrecht durch die geplante „prestation compensatoire“ zu streng, was eine negative Auswirkung auf die Institution „Heirat“ haben könnte. Gemeint ist der finanzielle Ausgleich, den ein Partner demjenigen zahlen soll, der seine Karriere unterbrach oder aufgab, um sich der Familie zu widmen.

In den Fällen, wo Kinder im Spiel sind, macht sich der ADR-Abgeordnete Gedanken um den Elternteil, dem das Sorgerecht nicht zugesprochen wurde. In den meisten Fällen seien das die Männer. Streitfälle, wie etwa wenn ein Elternteil sich weigert, dem anderen das Kind am Wochenende zu überlassen, müssten klarer geregelt und durch Geldstrafen geahndet werden. Auch werde zu wenig an die Rechte der Großeltern gedacht: Erhielt z.B. die Frau das Sorgerecht, würden die Eltern des Mannes die Kinder oft nicht mehr zu sehen bekommen. Auch dies bedürfe einer legalen Lösung.

Auf konsensfähige Punkte konzentrieren

Auf die Frage, wie er die Chancen sehe, die Reform noch vor dem Sommer abzuschließen, meinte Fernand Kartheiser, man müsse sich dann auf die Punkte konzentrieren, die konsensfähig seien. Das bedeute, dass sowohl das Rentensplitting als auch die finanzielle Kompensierung ausgeklammert werden müssten.

Ob das Gesetz auch tatsächlich noch vor dem Sommer verabschiedet wird, hängt allerdings nicht allein von der Abgeordnetenkammer ab. Der Staatsrat will nämlich erst zu der „médiateur“-Neuerung Stellung beziehen, wenn das Gesetzesvorhaben vorliegt, durch das eine EU-Direktive umgesetzt wird, in der es um Vermittlung in zivilen oder handelsrechtlichen Angelegenheiten geht. Wie uns Lydie Err erklärte, habe die Regierung versprochen, bis März das entsprechende Gesetzesvorhaben vorzulegen. In dem Fall könnte der Zeitplan ohne Weiteres eingehalten werden.