/ Wahlen - geringe Wahlbeteiligung
Beim ersten Urnengang seit Aufhebung des langjährigen Ausnahmezustands vor 15 Monaten hat Algerien am Donnerstag ein neues Parlament bestimmt. Die Wahl in Nordafrikas größtem Staat begann nach Angaben der EU-Beobachter zunächst störungsfrei, stieß aber nach übereinstimmenden algerischen Medienberichten auf extrem geringes Interesse. Gegen Mittag lag die Beteiligung nach Angaben des Innenministeriums bei 15,5 Prozent. Erste Ergebnisse der Wahlen wurden am Freitag erwartet.
Die EU-Beobachter, die mit rund 120 Personen vor Ort sind, konnten bis zum Mittag keine größeren Unregelmäßigkeiten ausmachen. Missionschef José Ignacio Salafranca betonte: „Die Wähler sind dabei, frei und friedlich zu wählen.“ Premierminister Ahmed Ouyahia sowie der scheidenden Parlamentsvorsitzende Abdelaziz Ziari gaben schon am Morgen ihre Stimmen in Algier ab. Ouayahia bezeichnete die Wahl anschließend als wichtige Etappe der Demokratie in Algerien, das in diesem Jahr den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit feiert.
„Grüne Allianz“
Bei der von insgesamt rund 500 internationalen Beobachtern überwachten Abstimmung – unter ihnen Vertreter der Afrikanischen Union und der Arabischen Liga – wurde eine nur mäßige Beteiligung erwartet. Das könnte die Islamisten begünstigen, die als Favoriten gelten. Drei islamistische Parteien treten bei der Wahl als „Grüne Allianz“ gegen die mächtige Regierungspartei FLN an. Die ehemalige Einheitspartei FLN regiert das Land seit der Unabhängigkeit Algeriens vor einem halben Jahrhundert. Wahlberechtigt sind 21 Millionen der insgesamt 39 Millionen Algerier. In den 48 Wahlkreisen bewerben sich nach Regierungsangaben 44 Parteien und 211 unabhängige Kandidaten um 462 Mandate. Die politische Macht des Parlaments gilt als beschränkt.
Während der Wahl galten verschärfte Sicherheitsbestimmungen. Nach Angaben der Zeitung „El Watan“ gab es allerdings im Westen der Hauptstadt Algier, in Ain Defla, drei Verletzte durch die Explosion eines Sprengsatzes. Nahe dem 120 Kilometer östlich Algiers gelegenen Départements Bouira gab es nach den gleichen Angaben im Weiler Bouderbala einen Toten bei der Explosion eines weiteren Sprengsatzes. Jugendliche attackierten zudem nach Informationen des online-Journals „Tour sur l’Algerie“ in der Gemeinde Saharidj zwei Wahlbüros und setzten Wahlurnen in Brand.
Der Arabische Frühling mit seinem politischen Umwälzungen ist an Algerien weitgehend vorbeigegangen. Zwar kam es auch dort zu Protesten – nach wirtschaftlichen Zugeständnissen an die Bevölkerung flauten sie aber schnell ab. Seitdem sind einige Reformgesetze auf den Weg gebracht worden, deren Auswirkung aber umstritten sind. Algerien leidet zudem noch unter dem Trauma des jahrelangen, blutigen Bürgerkrieges in den 1990er Jahren gegen radikalislamische Untergrundkämpfer, bei dem nach inoffiziellen Angaben Zehntausende Menschen ums Leben kamen.
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