Wachstum wird Spitzenthema der EU

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Sparen oder die Wirtschaft ankurbeln? Man muss beides tun, meint die EU-Spitze. Und nach den Wahlen in Griechenland und Frankreich soll mehr fürs Wachstum getan werden. Unumstritten ist das nicht. Also kommt wieder ein EU-Sondergipfel.

Nach der Wahl des neuen französischen Präsidenten François Hollande Jurist machen die Europäer ein stärkeres Wirtschaftswachstum zu ihrem Topthema. Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich dazu am 23. Mai zu einem Sondergipfel in Brüssel, um konkrete Schritte zu debattieren. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso forderte am Dienstag von den Regierenden, spätestens Ende Juni bei ihrem nächsten regulären Gipfel Nägel mit Köpfen zu machen.

Bei einem Arbeitsabendessen am 23. Mai sollen alle Regierungschefs Hollande kennenlernen, sagten EU-Diplomaten. Zugleich solle jedoch auch der schon seit langem geplante „Wachstumsgipfel“ vom 28./29.Juni vorbereitet werden.

Streit um den Pakt

Dies sei jetzt besonders dringlich, weil der Sozialist Hollande den Stabilitätspakt durch einen Wachstumspakt ergänzen will. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Partner lehnen eine Neuverhandlung des Pakts strikt ab. Zudem haben die Befürworter des Sparkurses im bankrotten Euro-Land Griechenland bei den Parlamentswahlen vom Wochenende eine verheerende Niederlage erlitten.

Barroso und EU-Währungskommissar Olli Rehn betonten bei einem gemeinsamen Auftritt vor Journalisten, der Ruf nach mehr Wachstum bedeute keine Lockerung der Verpflichtung, zu sparen und die Staatsverschuldung zu reduzieren. „Die Krise hat gezeigt, dass Wachstum auf der Grundlage von Schulden nicht nachhaltig ist“, sagte Barroso. Die Haushaltskonsolidierung sei unumgänglich, zugleich seien Strukturreformen nötig: „Es gibt kein Entweder-oder. Wir brauchen Stabilität und Wachstum.“

„Keine andere Wahl“

„In der derzeitigen Lage mit niedrigem Wachstum und hohen Schulden haben wir ganz einfach keine andere Wahl“, sagte Rehn zur „falschen Debatte“ über Konsolidierung oder Wachstum: „Wir brauchen beides.“ Die Sparmaßnahmen müssten „in wachstumsfreundlicher und differenzierter Weise“ getroffen werden, formulierte er. Der Fiskalpakt erlaube „Abstufungen zwischen den Mitgliedstaaten gemäß ihren Haushalts-Spielräumen und den makroökonomischen Umständen“.

Ob dies mehr Zeit für die Haushaltskonsolidierung in Spanien bedeuten könne, wollte Rehn nicht sagen. Madrid muss nach EU-Vorgaben im kommenden Jahr seine Neuverschuldung unter die Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Die Kommission will sich dazu am Freitag in ihren aktuellen Konjunkturbericht äußern. Die Eurozone mit 17 Ländern steckt in einer leichten Rezession. Rehns Experten rechnen bisher damit, dass die Wirtschaft im gemeinsamen Währungsgebiet im laufenden Jahr um 0,3 Prozent schrumpft.

Strikter Sparkurs umstritten

Der vor allem von Deutschland vertretene strikte Sparkurs wird in vielen EU-Ländern in Frage gestellt. Bei den griechischen Parlamentswahlen am Sonntag wurden die Konservativen und Sozialisten, die das Sparpaket mitgetragen hatten, abgestraft. Dort droht ein politisches Chaos.

Barroso sagte, er wolle sich zur Regierungsbildung in Griechenland nicht äußern. Er fügte hinzu: „Der Prozess der Haushaltskonsolidierung ist in einigen Ländern mit hoher Verschuldung unerlässlich. Es gibt keine Alternative zur strikten Anwendung von Konsolidierungsmaßnahmen. Schmerzhafte Anpassungen sind nötig.“

Projektanleihen

Die von der Kommission vorgeschlagenen europäischen Projektanleihen könnten mit 230 Millionen Euro europäischen Haushaltsgeldern Investitionen von insgesamt bis zu 4,6 Milliarden Euro für Infrastrukturvorhaben anschieben. Zudem könne die Ausleihkapazität der Europäischen Investitionsbank (EIB) steigen, falls deren Kapital um 10 Milliarden Euro aufgestockt werde. Beides könne noch in diesem Jahr wirksam werden. Dies ändere aber nichts daran, dass Wachstum nicht durch höhere Defizite erkauft werden könne.

Für die Staats- und Regierungschefs vieler Staaten steht ein Gipfelmarathon bevor. Am 18. und 19. Mai werden sich die reichsten Industriestaaten und Russland (G8) in Camp David treffen. Für den 20. und 21. Mai ist dann der Nato-Gipfel in Chicago angesetzt.