VW stoppt Golf-Produktion

VW stoppt Golf-Produktion
(Imago Stock&people)

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Der Golf ist für Volkswagen das Brot-und-Butter-Geschäft. Doch eine Auseinandersetzung mit zwei Partnern legt die Produktionslinien des wichtigsten Modells lahm.

Ein Streit mit zwei Zulieferern für Getriebeteile und Sitzbezüge hat Volkswagen am Samstag zum Stopp der Produktion bei seinem wichtigsten Modell Golf gezwungen. Im Wolfsburger Stammwerk seien Bereiche zur Vorbereitung der Fertigung ausgesetzt worden, die entsprechende Logistik ruhe bereits, berichtete ein Konzernsprecher. „Schichten fallen dann ab Montag weg.“ In Zwickau wird die Montage des Golf und Passat zum Wochenbeginn ebenfalls heruntergefahren.

Um diese Teile geht es
Getriebeteile: VW bestätigt, dass es bei einem der beiden Zulieferer um Getriebeteile geht – mehr Details nennt der Autobauer nicht. Die ES Automobilguss ist spezialisiert auf die Ausgleichgetriebegehäuse genannten Gussteile und hat eigens für VW erst jüngst in die Fertigung investiert. Das Teil umschließt das Differentialgetriebe. Dieses gleicht unterschiedliche Raddrehzahlen bei angetriebenen Achsen aus, die etwa dadurch entstehen, dass bei der Kurvenfahrt das äußere Rad eine längere Strecke zurücklegen muss als das innere. Branchenkenner gehen davon aus, dass die Firma mehrere Tausend dieser Gehäuse pro Tag fertigt, also mehr als 1,5 Millionen Stück im Jahr. Der Umsatz der Firma lag 2014 bei rund 55 Millionen Euro.

Sitzbezüge: Die Firma Car Trim liefert an eine VW-Tochter mit dem Namen Sitech. Diese 100-prozentige Tochter wiederum stellt Sitze für VW-Modelle her und bezieht mutmaßlich Teile von Bezügen oder sogar komplette Sitzbezüge von dem Lieferanten. Der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Braunschweig gegen den Hersteller zufolge geht es um Sitzbezugteile. Unklar ist noch, welche das genau sind.

In einer Bekanntmachung an die Mitarbeiter in Wolfsburg hieß es, für betroffene Beschäftigte unter anderem in Montage, Karosseriebau, Lackiererei und Presswerk werde im Einvernehmen mit dem Betriebsrat Kurzarbeit geprüft. VW erwägt dies auch für die Standorte Braunschweig, Zwickau und Kassel. Im Passat-Werk Emden wurde schon für 7.500 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet. Die Bänder der in Wolfsburg hergestellten Modelle Tiguan und Touran laufen dagegen weiter.

Produktionsstopp bis 27. August

Grund für die Zwangspause ist ein Lieferstopp der Partnerfirmen ES Automobilguss und Car Trim aus Sachsen. „Wir arbeiten nach wie vor an einer Einigung“, erklärte VW. Das Unternehmen hatte angekündigt, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die nötigen Teile zu erhalten. Die Zulieferer wiesen eine Verantwortung zurück, sie gaben VW die Schuld an der Entwicklung. Es soll um gekündigte Verträge gehen.

Der Produktionsstopp beim Golf soll laut VW zunächst bis einschließlich kommenden Samstag (27. August) gelten. Ob möglicherweise auch darüber hinaus Schichten gestrichen werden müssten, sei noch nicht abzusehen und hänge vom Verlauf der Gespräche mit den Zulieferern ab.

Das Landgericht Braunschweig hatte am Freitag mitgeteilt, VW habe bereits alle nötigen Voraussetzungen für die Herausgabe der fehlenden Teile erwirkt. Es gebe einstweilige Verfügungen hierzu. ES-Chef Alexander Gerstung betonte laut Mitteilung: „Für die Krise bei VW und die dadurch entstandene Kurzarbeit sind wir nicht verantwortlich.“

Hintergründe unklar

Die genauen Hintergründe für den Streit sind ungeklärt. Aus Sicht von ES und Car Trim ist die schwierige Lage Folge einer frist- und grundlosen Kündigung von Aufträgen seitens VW. Volkswagen habe keinen Ausgleich dafür gewährt. Deswegen „sahen sich Car Trim und ES Automobilguss letztlich zum Lieferstopp gezwungen“, hieß es.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh verurteilte den Lieferstopp. „Hier läuft ein ganz mieses Spiel“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Samstag). Das Blatt berichtete zudem über geplante Auszeiten in der Golf-Fertigung vom 4. bis 7. Oktober sowie vom 19. bis 22. Dezember. Diese hätten aber nichts mit dem aktuellen Lieferstreit, sondern mit einer geringeren Golf-Nachfrage infolge der Abgas-Krise zu tun.

VW betonte, es handle sich um ein Ergebnis der üblichen Produktionsplanung für das vierte Quartal – die Tage lägen überdies in den Herbstferien und kurz vor Weihnachten. Entscheidend sei stets die Auslastung über das Gesamtjahr. So habe man etwa in den Sommer-Werksferien wegen der guten Nachfrage „durchproduziert“.