Vorerst keine Ausweitung der Beitrittsgespräche

Vorerst keine Ausweitung der Beitrittsgespräche
(Emrah Gurel)

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Wegen des harten Vorgehens der türkischen Führung gegen Regierungskritiker hat die EU die Ausweitung der Beitrittsgespräche mit Ankara auf Eis gelegt.

„Unter den derzeit vorherrschenden Umständen“ werde keine Eröffnung weiterer Verhandlungskapitel in Betracht gezogen, heißt es in einer Erklärung des slowakischen EU-Vorsitzes, die am Dienstag von 27 EU-Staaten unterstützt wurde. Österreich stimmte nicht zu, weil es noch weiter gehen wollte. Die EU hatte der Türkei im Zuge der Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise eine Beschleunigung der Beitrittsgespräche zugesagt.

Ankara hatte sich im März verpflichtet, alle Flüchtlinge zurückzunehmen, die neu auf den griechischen Inseln ankommen. Dies hatte zu einem deutlichen Rückgang der Ankunftszahlen in Griechenland geführt. Insbesondere seit dem Militärputsch im Juli und folgender Massenverhaftungen wuchs aber in der EU die Kritik an der Fortsetzung der Beitrittsgespräche. Mit Spannung wurde die Reaktion Ankaras auf die EU-Erklärung vom Dienstag erwartet.

Widerstand aus Österreich

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte der EU im November bereits mit einer Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge gedroht, nachdem das Europaparlament in einer rechtlich nicht bindenden Entschließung „ein vorläufiges Einfrieren“ der Beitrittsgespräche gefordert hatte. Die EU-Europaminister hätten am Dienstag eigentlich sogenannte Ratsschlussfolgerungen zum Erweiterungsprozess verabschieden sollen. Basis war der jährliche Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu allen Beitrittskandidaten der Union.

Die Behörde hatte darin Mitte November zwar einen „Rückfall“ der Türkei bei der Unabhängigkeit der Justiz und der Meinungsfreiheit kritisiert, wollte aber den Beitrittsprozess grundsätzlich fortführen. Die Ratsschlussfolgerungen scheiterten aber am vehementen Widerstand des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz. Er wollte wegen des Vorgehens gegen Regierungskritiker und unabhängige Medien ein vollkommenes „Einfrieren“ der Beitrittsverhandlungen mit Ankara.

„Noch immer nicht ausreichend“

So weit wollten die anderen EU-Staaten jedoch nicht gehen. Die Ausweitung der Gespräche ist zwar de facto bis auf Weiteres blockiert, über bisherige Verhandlungsbereiche kann aber weiter gesprochen werden. Im Falle der Türkei sind bisher 16 von 35 sogenannten Beitrittskapitel eröffnet, in denen die EU-Standards für eine Mitgliedschaft festgelegt sind. Kurz bezeichnete die Erklärung des slowakischen Vorsitzes nach dem Treffen als „durchaus positiv“. Denn sie halte fest, dass „keine weiteren Kapitel eröffnet werden dürfen“, sagte er. Das sei zwar „noch immer nicht ausreichend“, aber „zumindest ein Schritt in die richtige Richtung“.

Der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak sah keine Notwendigkeit, dass sich am Donnerstag der EU-Gipfel mit der Türkei-Frage beschäftigen sollte. Dieser Meinung sei auch EU-Ratspräsident Donald Tusk als Organisator des Treffens, sagte er. Die EU führt seit 2005 mit der Türkei Beitrittsverhandlungen. Die Gespräche kamen lange nicht voran. Erst die stärkere Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise seit Ende 2015 gab den Gesprächen neuen Schwung. Dadurch wurden zwei weitere sogenannte Beitrittskapitel eröffnet. Weitere Kapitel waren wie Ankara im März zugesagt in Vorbereitung.