Von Erdöl und ethischem Geld

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Oslo heißt die zweite und letzte Etappe der Skandinavien-Tour von Minister Luc Frieden und der Finanzdelegation. In Norwegen dreht sich mittlerweile nicht nur viel ums Erdölgeschäft, sondern auch um den mit ihm zusammenhängenden norwegischen Staatsfonds.

Auch Norwegen fällt unter die Kategorie der Länder, in denen der Luxemburger Finanzplatz bekannt ist, man es sich trotzdem kaum leisten kann, nicht hin und wieder dort vorstellig zu werden. Dank des Ölbooms – der weiter anhält – gibt es zudem noch immer Wachstum. Die Einnahmen aus dem Erdölgeschäft machen immer noch 20 Prozent des BIP aus. Zwei Gründe also, die mit sich bringen, dass sowohl der Finanzminister als auch der Finanzplatz gerne nach Norwegen reisen.

Fonds statt Festgeldkonto

Der Bankenmarkt in Norwegen ist recht übersichtlich. Drei heimische Institute – die DNB Group, Nordea Bank Norway und Sparebank – teilen sich den Markt. Da die wirtschaftliche Basis des Landes weiterhin zu über 40 Prozent des BIPs industrieller Natur ist – natürlich im Erdölsegment, aber auch in der Erzförderung –, besteht weiterhin ein großer Bedarf an Finanzierung. Eine Tatsache, die auch für den Luxemburger Finanzplatz von Interesse ist. Hinzu kommt, dass die Energiepreise in Norwegen ziemlich wettbewerbsfähig sind – nicht wegen des Öls, sondern weil fast 100 Prozent des Energiebedarfs aus Wasserkraftwerken gedeckt werden. Luxemburg importiert bekanntlich einen Teil seines „grünen“ Stroms aus dem Land.

Gut zehn Prozent der Norweger tragen regelmäßig ihr Erspartes nicht mehr zur Bank, sondern investieren direkt in Investmentfonds. Die Zahl der Norweger, die Geld in Investmentfonds gesteckt haben, soll laut Angaben der ALFI über 70 Prozent betragen. Von den etwas weniger als 2.000 in Norwegen vertriebenen ausländischen Fonds stammen über zwei Drittel aus Luxemburg. Es sind dies beeindruckende Zahlen, die wieder einmal unterstreichen, wie wichtig Norwegen im Besonderen und Skandinavien im Allgemeinen für den Fondsplatz geworden sind.

Der skandinavische Markt hat zwar eine gewisse Maturität erreicht – die großen Wachstumssprünge werden für die Fondsindustrie hier nicht mehr erzielt –, aber er will gehegt werden, denn die Konkurrenz aus Irland und anderswo schläft bekanntlich nicht.

Das was die Luxemburger Regierungen um und nach der Jahrtausendwende verschlafen hat, wurde in Norwegen bereits im Jahre 1996 durchgesetzt: die Schaffung eines nationalen Staatsfonds, der sich durch außergewöhnliche Staatseinnahmen speist. Sicher, Luxemburg hat zum Beispiel den Kompensationsfonds der Rentenkasse, der mittlerweile ähnlichen Anlagekriterien wie der große Bruder aus dem Norden unterliegt. Aber der Kompensationsfonds speist sich eben aus Rentenbeiträgen, Norwegens staatlicher Pensionsfonds hingegen eben nicht.

Der Staatsfonds, ein ethischer Gigant

Die Einnahmen des norwegischen Staatsfonds stammen aus der Erdölindustrie. Dabei handelt es sich nicht nur um Dividenden vom Erdölproduzenten Statoil – an dem der Staat zum Teil beteiligt ist –, sondern auch um Lizenzgebühren für die Exploration und Bohrungen sowie um Steuern. Das rund fünf Millionen Einwohner zählende Land spielt durch die Ölbonanza vor seiner Küste in einer Liga, in die Luxemburg wohl nie hätte vorstoßen können. Dennoch hat das Land an der Nordsee mit 30 Prozent eine höhere Staatsverschuldung als das „grüne Herz Europas“. Die Erdöleinnahmen soll dazu dienen, das Land auf die Zeit nach der Bonanza vorzubereiten. Ein Grund mehr, das Geld nicht nur auf die hohe Kante zu legen, sondern es gewinnbringend anzulegen. Der Staatsfonds investiert nach ethischen und sozialverträglichen Kriterien. Die Begriffe an sich sowie die Auswirkungen der Investmentstrategie werden stets öffentlich infrage gestellt und diskutiert. Der Staatsfonds investiert zum Beispiel nicht in Waffen, auch wenn Norwegen selber unter den Top Ten der Waffenexporteure der Welt ist. Im vergangenen Jahr entschied man aus gesundheitspolitischen Gründen, Tabakproduzenten auszuschließen – Luxemburg tat dies danach auch. Die Unternehmen, die Tabakprodukte verkaufen, stehen allerdings nicht unbedingt aus diesem Grund auf der „schwarzen Liste“, sonst müssten alle Tankstellenbetreiber (die eigene Statoil z.B.), Supermärkte usw. ausgeschlossen werden.

Die Welt, das weiß man eben auch in Norwegen, besteht nicht nur aus Schwarz und Weiß. „Die Diskussionen, und eben auch die Entscheidungen des Ethischen Rats des Staatsfonds, werden immer kontrovers bei uns diskutiert“, meinte ein norwegischer Banker dem Tageblatt gegenüber.

Über 500 Milliarden Euro ist der Staatsfonds mittlerweile schwer und, weil er sich entschieden hat, auch über Luxemburg zu operieren, quasi ein Aushängeschild für den hiesigen Fondsplatz. Wohl auch ein Grund, weshalb sich Finanzminister Luc Frieden nicht nur mit seinem Gegenpart in Oslo getroffen hatte, sondern auch mit den Verantwortlichen der „Norges Bank Investment Management“. Dort wird der Fonds verwaltet.

(Sascha Bremer/Oslo/Tageblatt.lu)