/ Viele Muslimbrüder in Haft

Nach dem Sturz des islamistischen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär haben Sicherheitskräfte zahlreiche Spitzenfunktionäre der Muslimbrüderschaft festgenommen. In Kairo legte der oberste Verfassungsrichter Adli Mansur (67) am Donnerstag den Amtseid als Übergangspräsident ab. Er soll das wirtschaftlich schwer angeschlagene Land bis zu den Neuwahlen führen. In einer ersten Erklärung sprach sich Mansur dafür aus, auch die Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt, an der künftigen Regierung zu beteiligen. Mursi bezeichnete seine Entmachtung in einer ersten Reaktion als «klaren Militärputsch».
Die Armeeführung hatte Ägyptens ersten demokratisch gewählten Präsidenten am Mittwochabend nach tagelangen, teils blutigen Massenprotesten entmachtet. Der abgesetzte Präsident wurde vom Militär in Gewahrsam genommen. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo feierten bis zum Morgengrauen Hunderttausende den Sturz Mursis nach nur einem Jahr und drei Tagen im Amt. In mehreren Provinzstädten kam es aber auch zu Krawallen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Kairo wurden dabei mindestens zehn Menschen getötet und fast 500 weitere verletzt. Die Entwicklung im bevölkerungsreichsten arabischen Land löste weltweit Sorge vor neuem Blutvergießen bis hin zu einem Bürgerkrieg aus.
Festnahmen
Mursi erklärte in einer über das Internet verbreiteten Botschaft: „Ich bin der gewählte Präsident Ägyptens.“ Der erzwungene Machtwechsel werde „von allen freien Menschen des Landes abgelehnt, die dafür gekämpft haben, dass Ägypten eine zivile Demokratie wird“.
Die Sicherheitsbehörden gingen scharf gegen die Islamisten vor. Der Führer der Muslimbruderschaft, Mohammed Badia, sein Vorgänger Mohammed Mehdi Akif und seine Stellvertreter Raschad al-Bajumi und Saad al-Katatni wurden festgenommen, berichteten arabische Medien. Sie werden im Tora-Gefängnis bei Kairo festgehalten, in dem auch der 2011 durch einen Volksaufstand gestürzte Langzeitherrscher Husni Mubarak einsitzt. Gegen den Haupt-Finanzier der Bruderschaft, Chairat al-Schater, wurde gleichfalls ein Haftbefehl erlassen. Das Militär schloss außerdem die Fernsehkanäle der Islamisten.
Unfähigkeit
Das ägyptische Militär begründete sein Einschreiten mit Mursis Unfähigkeit, auf die Massenproteste gegen seine autoritär-islamistische Politik angemessen zu reagieren und berief sich auf die Millionen Teilnehmer an den Protesten der vergangenen Tage. Zehntausende Menschen hatten aber auch für Mursi demonstriert, den ersten zivilen und frei gewählten Präsidenten in der Geschichte des Landes. Zuvor hatte die Armee Mursi ein 48-Stunden-Ultimatum gestellt, um die Staatskrise zu beenden.
Sein vorübergehender Nachfolger Mansur soll an der Spitze einer parteiübergreifenden Interimsregierung stehen, deren Zusammensetzung noch nicht bekannt ist. Dieses Kabinett soll Neuwahlen für die Präsidentschaft und das Parlament vorbereiten. Der Zeitrahmen dafür ist noch unklar. Die neue Regierung soll außerdem Verfassungsänderungen ausarbeiten. Das Militär hatte die Verfassung außer Kraft gesetzt. Nach seiner Vereidigung rief Mansur die Muslimbruderschaft auf, sich «am Aufbau der Nation zu beteiligen». Sie sei „Teil dieses Volkes“, sagte er zu Journalisten.
Türkei besorgt
US-Präsident Barack Obama vermied in einer ersten Reaktion das Wort „Putsch“, sagte aber, dass er eine Überprüfung der Militärhilfe für Ägypten veranlasst habe. Der britische Außenminister William Hague kritisierte Mursis Absetzung, sicherte der neuen Führung in Kairo aber die Zusammenarbeit zu. Die islamisch-konservative Regierung der Türkei nannte die Ereignisse „extrem besorgniserregend“.
Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis kamen nach Medienberichten in der nördlichen Islamistenhochburg Marsa Matruh mindestens sechs Menschen ums Leben. Drei Tote habe es in Alexandria sowie im oberägyptischen Minja gegeben. Auch in Fajum südlich von Kairo sei es in der Nacht zum Donnerstag zu tödlicher Gewalt gekommen.
Die Muslimbruderschaft war sowohl aus der Parlaments- als auch der Präsidentenwahl als stärkste Kraft hervorgegangen. Die Protestbewegung kritisierte Mursi wegen seines autoritären Führungsstils, einer fortschreitenden Islamisierung im Land und auch wegen einer dramatisch verschlechterten Wirtschaftslage.
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