Nach den gewaltsamen Zusammenstößen vor dem ukrainischen Parlament in Kiew hat sich die Zahl der Todesopfer weiter erhöht: Ein dritter Polizist erlag am Dienstag seinen Verletzungen, wie Innenminister Arsen Awakow über den Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte.
Am Montag hatten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte vor dem Parlament gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert; die Demonstranten protestierten gegen eine Verfassungsreform, die den nach mehr Unabhängigkeit von Kiew strebenden Gebieten im Osten der Ukraine mehr Autonomierechte zugesteht. Nach Angaben der Polizei wurden 141 Verletzte in den Krankenhäusern von Kiew behandelt. Darunter seien 131 Polizisten, einige von ihnen schwer verletzt.
Baseballschläger verteilt
Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko sagte nach einem Besuch im Krankenhaus, die Täter seien bereits ausfindig gemacht, und dies gelte auch für die Drahtzieher der Zusammenstöße. Diese hätten Baseballschläger verteilt und dabei geholfen, Waffen herbeizuschaffen. Die drei getöteten Polizisten nannte Poroschenko „wahre ukrainische Helden“. Zugleich rief er die politischen Kräfte im Land zur Zurückhaltung auf.
Die ukrainische Öffentlichkeit reagierte schockiert auf die Gewalt, Vertreter westlicher Staaten äußerten sich besorgt. Die Regierung machte unter anderen die ultranationalistische Swoboda-Partei für die Ausschreitungen verantwortlich. Laut der Polizeisprecherin befinden sich 18 Menschen in Haft, darunter ein Swoboda-Mitglied, das verdächtigt wird, eine Granate auf den Parlamentseingang geworfen zu haben. Der Mann wurde in einem Video identifiziert (siehe oben)
Turbulente Abstimmung
Die Swoboda-Partei wies die Vorwürfe zurück und erklärte, die Sicherheitskräfte hätten zuerst Gewalt angewendet. Der rechtsextreme Prawy Sektor hatte zuvor nach eigenen Angaben die Zufahrtsstraßen zum Parlament blockiert. Nach Behördenangaben wurden bereits rund 50 Zeugen verhört. Obwohl sich auch in der Regierungskoalition Protest gegen die Verfassungsreform regte, kam bei der turbulenten Abstimmung am Montag eine Mehrheit von 265 Stimmen zustande. Nötig gewesen wären lediglich 226 Stimmen. Bei der zweiten Lesung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit der 450 Abgeordneten erforderlich.
Die geplante Verfassungsreform soll den Regional- und Kommunalverwaltungen mehr Macht geben, etwa das Recht zum Aufbau einer sogenannten Volkspolizei. Über eine endgültige Teilautonomie für die Gebiete unter Rebellenkontrolle soll aber erst ein weiteres Gesetz entscheiden.
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