USA rücken weiter von Al-Maliki ab

USA rücken weiter von Al-Maliki ab
(Reuters)

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Der Machtkampf im Irak spitzt sich zu. Die USA beziehen eindeutig gegen Ministerpräsident Maliki Position. Wie lange kann der Schiit sich noch halten?

Im irakischen Machtkampf sind die USA am Sonntag weiter von Ministerpräsident Nuri al-Maliki abgerückt. In der Auseinandersetzung zwischen dem Regierungschef und Präsident Fuad Masum stellten die USA sich klar hinter das Staatsoberhaupt. Zugleich drang Washington erneut auf die Bildung einer Regierung in Bagdad, die alle religiösen und gesellschaftlichen Gruppen vertritt.

Al-Maliki, der sich weigert, die Macht abzugeben, kündigte eine Klage gegen Masum an und positionierte Sicherheitskräfte an strategisch wichtigen Punkten in Bagdad. Brücken wurden abgesperrt und Zufahrtsstraßen zur Grünen Zone, dem Regierungs- und Diplomatenviertel der Stadt, mit Panzern blockiert, wie die „Washington Post“ unter Berufung auf irakische Fernsehberichte meldete. Sicherheitskräfte hätten zudem den Präsidentenpalast eingekreist.

Al-Maliki hält an der Macht fest

In einer überraschenden Fernsehansprache in der Nacht zum Montag (Ortszeit) bekräftigte Al-Maliki, dass er im Amt bleiben werde. Den Präsidenten werde er wegen Verstoßes gegen die Verfassung verklagen, weil dieser ihn nicht zum Regierungschef ernannt habe. Der „Washington Post“ zufolge ist es Aufgabe des Präsidenten, den größten politischen Block im Parlament zu ersuchen, seinen Kandidaten für das Amt zur Verfügung zu stellen. Aber die verfassungsmäßige Frist dafür sei in der Nacht zum Freitag abgelaufen. „Dieser Akt stellt einen Putsch gegen die Verfassung dar“, zitierte die Zeitung Al-Maliki.

Der Schiit, dem eine systematische Benachteiligung der Sunniten im Land angelastet wird, hatte zwar mit seiner Partei die Parlamentswahl im April gewonnen, aber keine ausreichende Mehrheit für eine Regierungsbildung erreicht. Er hält trotzdem an seinem Posten fest.

USA stellen sich hinter Masum

Das US-Außenministerium erklärte am Sonntag, dass die USA voll hinter Fuad Masum „in seiner Rolle als Garant der irakischen Verfassung“ stünden. Die USA unterstützten einen Prozess zur Wahl eines Ministerpräsidenten, der einen nationalen Konsens aufbauen könne, hieß es in der Mitteilung der stellvertretenden Außenamtssprecherin Marie Harf weiter. „Wir weisen jede Bestrebung zurück, Ergebnisse durch Erpressung oder Manipulation (…) zu erreichen.“

Die jüngste Entwicklung ist eine neue Herausforderung für US-Präsident Barack Obama, der auf eine Regierung in Bagdad dringt, die die religiösen und gesellschaftlichen Gruppen im Land widerspiegelt. Al-Maliki wird angelastet, die Sunniten im Irak systematisch benachteiligt und ausgeschlossen zu haben.

US-Luftangriffe gegen IS-Milizen

Die USA hatten am Sonntag erneut fünf Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflogen, dem US-Zentralkommando in Florida zufolge „zur Verteidigung kurdischer Streitkräfte bei Erbil“. Obama hatte in der vergangenen Woche grünes Licht für derartige Operationen zum Schutz von US-Diplomaten und anderer Amerikaner sowie vertriebener religiöser Minderheiten im Land gegeben. Er machte aber zugleich klar, dass die Krise im Irak nicht militärisch zu lösen sei. In diesem Zusammenhang forderte er erneut eine „Regierung der Einheit“ in Bagdad.

Das US-Außenministerium kündigte an, dass ein kleiner Teil des Personals aus dem Konsulat in Erbil vorübergehend versetzt wird.

Tausende Zivilisten bleiben eingeschlossen

Die Lage der Flüchtlinge, die sich vor den IS-Terrormilizen in die Berge geflüchtet haben, bleibt weiterhin dramatisch. Vornehmlich jesidische Familien waren am Sonntag noch immer bei Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius im Sindschar-Gebirge eingeschlossen. Die UN-Mission im Irak schätzte ihre Zahl auf 15 000 bis 55 000.

Die jesidische Parlamentsabgeordnete in Bagdad Vian Dachil warnte nach Angaben des kurdischen Nachrichtenportals Basnews vor einem Massensterben, sollten die jesidischen Flüchtlinge nicht innerhalb von zwei Tagen in Sicherheit gebracht werden. Ihren Angaben nach starben bereits 50 jesidische Kinder in den Bergen. Die Jesiden sind eine alte monotheistische Glaubensgemeinschaft, der vor allem Kurden angehören.

Nach Informationen des Nachrichtenportals Rudaw gelangten Tausende am Wochenende über einen zehn Kilometer langen Schutzkorridor über Syrien in die kurdische Autonomieregion – Aktivisten gingen von etwa 10 000 aus.

200 000 fliehen aus umkämpften Gebieten

Nach UN-Angaben sind in Gebieten nördlich und westlich der Stadt Mossul, wo zahlreiche Vertreter religiöser Minderheiten leben, seit Montag vergangener Woche rund 200 000 Menschen vor den vordringenden IS-Kämpfern geflohen. Die meisten stammten aus christlichen und jesidischen Dörfern.

Die USA flogen am Samstag zum Schutz der Jesiden in der Sindschar-Region vier Luftangriffe. Am Sonntag folgten dann fünf weitere Schläge bei Erbil, bei denen Kampfjets und Drohnen eingesetzt wurden. Dem US-Zentralkommando zufolge verliefen alle Einsätze erfolgreich. US-Flugzeuge versorgten auch die in das Sindschar-Gebirge geflohenen Menschen mit Wasser und Lebensmitteln.

Kurden fordern mehr militärischen Hilfen

Kurdenpräsident Massud Barsani rief unterdessen zu verstärkten militärischen Hilfen auf. Der einflussreiche republikanische US-Senator John McCain unterstützte die Forderung der Kurden. In einem Interview des Senders CNNforderte er außerdem Luftangriffe auf die IS-Terrormiliz nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien.

Obama bekräftigte am Wochenende, dass der Militäreinsatz der USA begrenzt sei und keine Bodentruppen in den Irak zurückkehren würden. Er mahnte die Iraker, dass die USA auch mit ihren militärischen Mittel die Irakkrise letztlich nicht lösen könnten.