/ Türkei und Deutschland um Verständigung bemüht

(AFP/Sascha Schuermann)
Im hitzigen Streit um die Wahlkampfabsagen für türkische Minister in Deutschland bemühen sich Ankara und Berlin um eine Verständigung. Ministerpräsident Binali Yildirim habe in einem einstündigen Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag auch diese Absagen besprochen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Samstag. Die Türkei werde ihre „Taktik beim Wahlprogramm etwas ändern“, sagte Yildirim laut Anadolu. Das Gespräch, über das zuerst das ZDF berichtet hatte, wurde auch in Berlin bestätigt. Details wurden aber nicht genannt.
Niederlande prüfen Rechtsmittel gegen Rede von türkischem Minister
Die niederländische Regierung prüft, ob sie mit rechtlichen Schritten den geplanten Auftritt des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu verhindern kann. Das erklärte der stellvertretende Ministerpräsident Lodewijk Asscher am Samstag im niederländischen Radio. „Dazu ist das letzte Wort noch nicht gesprochen worden“, sagte Asscher.
Er wies die Kritik aus Ankara, dass die Niederlande die Meinungsfreiheit nicht respektieren würden, scharf zurück. Zuvor hatte Ministerpräsident Mark Rutte erklärt, dass der für den 11. März geplante Auftritt von Außenminister Mevlut Cavusoglu in Rotterdam untersagt werde. „Daran werden wir nicht mitarbeiten, das finden wir nicht wünschenswert“, erklärte Rutte. Die Veranstaltung war im Zusammenhang mit der Abstimmung in der Türkei über eine Verfassungsreform geplant.
Der Bürgermeister von Rotterdam, Ahmed Aboutaleb, teilte aber mit, dass er die Veranstaltung nur untersagen könne, wenn die öffentliche Sicherheit nicht gewährleistet sei. (DPA)
In der kommenden Woche will sich der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu mit seinem deutschen Kollegen Sigmar Gabriel (SPD) treffen. Verschiedene deutsche Städte hatten Wahlkampfveranstaltungen türkischer Minister abgesagt. Im badischen Gaggenau wurde das zum Beispiel mit Sicherheitsbedenken begründet. Das Vorgehen sorgte für einen Sturm der Entrüstung in Ankara.
Erdogan: Yücel sei ein „deutscher Agent“
Im Wahlkampf um die umstrittene Verfassungsreform in der Türkei kochen die Emotionen derzeit hoch – auch gegen Deutschland. Einen Höhepunkt der Angriffe lieferte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am Freitagabend, als er den in der Istanbul inhaftierten deutsch-türkischen „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel als „deutschen Agenten“ bezeichnete. Der Präsident sagte laut Anadolu: „Als ein Vertreter der PKK, als ein deutscher Agent hat sich diese Person einen Monat lang im deutschen Konsulat versteckt.“ Kommentar aus dem Auswärtigen Amt: „Das ist abwegig.“
Erdogan kritisierte auch die Absage der Auftritte seiner Minister, die in Westeuropa für das von ihm angestrebte Präsidialsystem werben wollten. Die Verantwortlichen müssten wegen „Beihilfe zum Terror vor Gericht kommen“. Das Referendum zum Präsidialsystem findet am 16. April statt. Es würde Erdogan große Machtfülle verschaffen.
Justizminister Bozdag: „faschistisches Vorgehen“
Ministerpräsident Yildirim forderte bei einem Wahlkampfauftritt in der zentralanatolischen Stadt Kirsehir am Samstag die deutschen Behörden auf, „ihre mit einer guten bilateralen Beziehung unvereinbare Einstellung zu überdenken“. In Deutschland lebende türkische Staatsangehörige sollten der Welt mit einer Zustimmung zur geplanten Verfassungsänderung eine „Demokratielektion“ erteilen. Justizminister Bekir Bozdag warf Deutschland vor, Menschenrechte „mit Füßen zu treten“. Die kurzfristige Absage seines Auftritts in Gaggenau bezeichnete er erneut als „faschistisches Vorgehen“.
Deutsche Politiker wie die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özguz, kritisierten die Reaktionen der türkischen Regierung. Diese seien „völlig überzogen“, sagte die SPD-Politikerin der „Augsburger Allgemeinen“. „Keinem der beiden Länder ist mit der derzeitigen politischen Eskalation gedient.“
Nicht nur in Deutschland
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann forderte die Türkei ebenfalls zur Mäßigung auf. Türkischen Wahlkampf auf deutschem Boden lehne er ab, sagte der CSU-Politiker der „Bild“-Zeitung. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warb dagegen für Toleranz. „Wenn wir Meinungsfreiheit ernst nehmen, dürfen wir nicht Gleiches mit Gleichem vergelten“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci will am Sonntag in Köln auftreten. Auch der türkische Außenminister zeigte sich entschlossen, bei türkischen Bürgern in Westeuropa für das Verfassungsreferendum zu werben. „Wir werden hingehen, wo wir wollen. Wir werden unsere Bürger treffen, wir werden unsere Versammlungen abhalten“, sagte Cavusoglu nach Angaben von Anadolu am Samstag. Die niederländische Regierung prüft derzeit, ob sie einen geplanten Auftritt Cavusoglus in Rotterdam rechtlich verhindern kann (siehe Infokasten).
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