Tumulte bei Urteil zu Kriegsrecht

Tumulte bei Urteil zu Kriegsrecht

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im Prozess um die Verhängung des Kriegsrechts in Polen ist der ehemalige Innenminister, General Czeslaw Kiszczak (1981-1990), am Donnerstag schuldig gesprochen worden.

Die Richter des Bezirksgerichts Warschau setzten eine zweijährige Gefängnisstrafe zur Bewährung aus. Sie folgten damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die dem 86-jährigen Kiszczak und anderen ehemaligen kommunistischen Parteifunktionären die Bildung einer bewaffneten Gruppe sowie kommunistische Verbrechen vorgeworfen hatte.

Der ehemalige Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Stanislaw Kania (84), wurde freigesprochen, das Verfahren gegen eine weitere Funktionärin wegen Verjährung eingestellt.

Zuschauer wurden ausgeschlossen

Vor dem Richterspruch war es im Gerichtssaal zu Tumulten antikommunistischer Zuschauer gekommen. Die Urteilsverlesung wurde um mehrere Stunden verschoben. Zuvor hatten Zuschauer vor allem rechtskonservativer und nationaler Gruppen mit Zwischenrufen und Beschimpfungen eine Verlesung des Urteils unmöglich gemacht.
Das Urteil wurde daher unter Ausschluss der Zuschauer verkündet.

In dem Verfahren mussten sich Stanislaw Kania, der ehemalige Generalsekretär der Kommunistischen Partei Polens, und General Czeslaw Kiszczak wegen der Verhängung des Kriegsrechts im Dezember 1981 verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte Bewährungsstrafen für die ehemaligen Parteifunktionäre gefordert, denen sie vorwarf, mit dem Kriegsrechts gegen die Verfassung auch der kommunistischen Volksrepublik verstoßen zu haben. Kania und Kiszczak hatten die Vorwürfe zurückgewiesen, ihre Verteidiger plädierten auf Freispruch.

Das Verfahren gegen General Wojciech Jaruzelski (88), der während des Kriegsrechts an der Spitze des „Militärrats der nationalen Errettung“ stand, war im Vorjahr wegen des schlechten Gesundheitszustands Jaruzelskis eingestellt worden. Jaruzelski hatte die Verhängung des Kriegsrechts stets als das kleinere Übel gerechtfertigt. Es sei das letzte Mittel gewesen, eine Intervention der Warschauer-Pakt-Staaten zu vermeiden.