Tränengas und Wasserwerfer

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Die türkische Polizei hat am Samstagabend in Istanbul unter Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern eine Kundgebung gegen das Gesetz für eine stärkere Kontrolle des Internets aufgelöst.

Mehr als 2000 Demonstranten beteiligten sich an der Protestveranstaltung auf dem Taksim-Platz, der seit dem Juni 2013 als Schauplatz von Kritik an der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan eine besondere Bedeutung gewonnen hat. Die Polizei drängte die Demonstranten von dem Platz, einige Demonstranten zündeten Feuerwerkskörper.

„Wenn die Regierung ihre Nase in die Daten der Internetbenutzer steckt, dann ist das gleichbedeutend mit einem Eingriff in das Privatleben“, sagte die Studentin Gamze, die sich an der Kundgebung beteiligte. „Hände weg von meinem Internet!“, skandierten die Kundgebungsteilnehmer.

Das Gesetz für eine vereinfachte Internet-Kontrolle durch die Behörden wurde am Mittwochabend mit Erdogans Parlamentsmehrheit verabschiedet, von Staatspräsident Abdullah Gül aber noch nicht in Kraft gesetzt.

Sperrung ohne Gerichtsbeschluss

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu rief das Staatsoberhaupt am Freitag auf, die Novelle ans Parlament zurückzuverweisen.
Das Gesetz gibt den Behörden das Recht, einzelne Internetseiten aufgrund einer angeblichen Beleidigung einer Person ohne Gerichtsbeschluss zu sperren; die Justiz wird erst nach der Sperrung eingeschaltet. Zudem wird eine zweijährige Datenvorratsspeicherung mit Zugriffsrecht der Sicherheitsbehörden eingeführt.

Vom Gezi-Park am Rande des Taksim-Platzes waren im Juni die Proteste ausgegangen, die über Wochen hunderttausende Menschen gegen die islamisch-konservative Regierung Erdogans auf die Straße trieben. Die Proteste richteten sich zunächst nur gegen ein umstrittenes Stadtbauprojekt, dem der Park zum Opfer fallen sollte, wendeten sich angesichts des brutalen Einsatzes der Polizei und der unnachgiebigen Reaktion Erdogans bald aber auch gegen die Regierung. Fünf Menschen wurden bei den Unruhen getötet und mehr als 8000 verletzt.