/ Tränengas gegen Demonstranten

Die Sicherheitskräfte setzten in der Hauptstadt Kiew Tränengas und Schlagstöcke ein, um tausende Demonstranten auseinanderzutreiben, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Zuvor hatten die Demonstranten versucht, den Regierungssitz zu stürmen. Dabei wurden auch Steine geworfen.
Allein in Kiew gingen rund 30.000 pro-europäische Demonstranten gegen den Beschluss ihrer Regierung auf die Straße, die Vorbereitung eines Abkommens mit der EU auszusetzen. Zu den Protesten hatte die inhaftierte Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko aufgerufen.
Die Regierung in Kiew hatte am Donnerstag überraschend das über Jahre ausgehandelte Assoziierungsabkommen mit der EU gestoppt, das kommende Woche bei einem Gipfeltreffen in der litauischen Hauptstadt Vilnius unterzeichnet werden sollte.
Putin drohte mit Einschränkungen
Stattdessen schlug Kiew Beratungen mit Moskau und Brüssel über Handelsfragen vor. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte der Ukraine zuvor mit Einschränkungen der Handelsbeziehungen gedroht, sollte sich die frühere Sowjetrepublik enger an die EU binden.
Die Demonstranten zogen mit EU-Flaggen und Fahnen ukrainischer Oppositionsparteien zum Unabhängigkeitsplatz im Stadtzentrum. Der Ort gilt seit der Orangenen Revolution im Jahr 2004 als symbolisch. Der heutige Staatschef Viktor Janukowitsch hatte sich damals zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt, nach Massenprotesten aber einen Rückzieher gemacht.
Auf Plakaten war die Aufschrift „Wir sind nicht die Sowjetunion, wir sind die Europäische Union“ zu lesen. „Wir sind hierher gekommen, um zu zeigen, dass wir uns als Europäer fühlen“, sagte die 19-jährige Studentin Alexandra Prissjaschnjuk. „Wir wollen zeigen, dass Janukowitsch nicht die Ukraine ist“, sagte der 31-jährige Artem Waschkewitsch.
„Unabhängigkeit gefährdet“
Timoschenko wirft ihrem Widersacher Janokuwitsch vor, durch eine Annäherung an Russland die Unabhängigkeit des Landes zu gefährden. Janukowitsch habe mit der Absage an Brüssel den „Fehler seines Lebens“ begangen, schrieb die frühere Regierungschefin, die in einem Gefängnis in Charkiw im Osten des Landes in Haft sitzt, am Freitag in einem Brief an den Präsidenten. Die EU hatte eine Ausreiseerlaubnis für die erkrankte Timoschenko zur medizinischen Behandlung im Ausland zur Voraussetzung für die Unterzeichnung des Abkommens gemacht. Janukowitsch lehnte dies aber ab.
Der frühere Vize-Außenminister, der das Abkommen seinerzeit mit ausgehandelt hatte, gab sich jedoch zuversichtlich, dass der Vertrag in nicht allzu ferner Zukunft doch unterschrieben werde. Sowohl die ukrainische Wirtschaft als auch die Bevölkerung wollten eine Annäherung an die EU.