Timoschenko kann sich nicht mehr bewegen

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(dpa)

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Der Gesundheitszustand der hungerstreikenden ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko hat sich nach Einschätzung ihrer Tochter weiter dramatisch verschlechtert.

„Sie ist viel schwächer, als sie noch vor ein paar Tagen war“, sagte Jewgenija Timoschenko im ZDF am Donnerstagabend, die ihre Mutter nach eigenen Angaben am selben Tag im Gefängnis besucht hatte. Sie müsse liegen und könne sich zurzeit „praktisch gar nicht bewegen“. Die Bitten der Familie, den Hungerstreik zu beenden, seien bislang erfolglos. „Sie hat aus verschiedensten Gründen ein Interesse an diesem Hungerstreik“, sagte die 32-jährige Jewgenija Timoschenko.

Eine Zwangsernährung ist nach Angaben der Justizbehörden der Ex-Sowjetrepublik nicht ausgeschlossen. „Wir werden sie auf jeden Fall nicht sterben lassen.“ Das sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des Gefängnisses in Charkow, in dem die Oppositionsführerin inhaftiert ist, der ukrainischen Zeitung „Segodnja“.

Timoschenko protestiert

Auf ihrer Internetseite zitierte die Zeitung am Freitag auch Timoschenkos Verteidiger Sergej Wlassenko. Er mache sich Sorgen, da die 51-Jährige mittlerweile stark geschwächt sei, sagte der Anwalt. Die Politikerin befindet sich aus Protest gegen ihre Behandlung im Co-Gastgeberland der Fußball-Europameisterschaft seit dem 20. April im Hungerstreik.

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft lehnte unterdessen ein Angebot des neu gewählten russischen Präsidenten Wladimir Putin ab, Timoschenko in Moskau behandeln zu lassen. Schon Deutschland sei darüber informiert worden, dass die ukrainische Gesetzgebung eine Pflege von Häftlingen im Ausland nicht vorsehe, sagte ein Sprecher in Kiew.

„Politisch motiviert“

Russland bekräftigte jedoch seine Kritik an der Ukraine. Kremlchef Dmitri Medwedew werte den Fall Timoschenko als „politisch motiviert“, teilte der Kreml in Moskau mit. Die Ex-Regierungschefin war wegen eines angeblich schlechten Gasvertrags mit Russland wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Moskau sieht den Fall daher auch als Angriff auf sich.

Die Inhaftierung der früheren Ministerpräsidentin hat in Europa zu einem Konflikt im Umgang mit der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und Polen geführt. Alle Mitglieder der EU-Kommission haben angekündigt, der Veranstaltung fernzubleiben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hält einen Boykott hingegen für den falschen Weg. Stattdessen sollten Politiker und Sportfunktionäre, die in die Ukraine reisten, die Gelegenheit nutzen, um auf die schweren Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen und von der ukrainischen Regierung einen besseren Menschenrechtsschutz fordern, so ein Amnesty Sprecher.

Eine Woche nach einer Bombenserie mit 30 Verletzten in der ukrainischen Stadt Dnjepropetrowsk seien bisher keine Verbindungen der vier Explosionen zur Fußball-EM im Juni sichtbar geworden. Das sagte Alexander Birsan, der EM-Verantwortliche von Präsident Viktor Janukowitsch am Freitag. Die Behörden gingen immer mehr von einem kriminellen Hintergrund aus. Die Ukraine „garantiere“, dass die EM ein ausgelassenes Fest des Sportes werde, sagte Birsan.