/ Territorialstreit im Paradies


Es geht um einige Tausend Quadratkilometer Meer, verletzten Nationalstolz und viel Geld. In einem komplizierten Territorialstreit beharken sich Nicaragua, Costa Rica und Kolumbien seit Monaten. Die Regierungen in Bogotá und San José werfen dem nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega vor, auf dem Weltmarkt Ölbohrrechte in Gewässern anzubieten, die dem mittelamerikanischen Land gar nicht gehören. Es geht um geografische und juristische Detailfragen, alle Seiten bringen ihre Völkerrechtsexperten in Stellung.
Der Ton ist gereizt: Managua habe den Grenzverlauf an der Karibikküste gefälscht, sagt Costa Ricas Präsidentin Laura Chinchilla . Die Nachbarstaaten ringen derzeit vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag um ihre territorialen Rechte. Auch im Pazifik sind Gewässer umstritten.
Die kolumbianische Außenministerin María Ángela Holguín schickte kürzlich eine geharnischte Protestnote nach Nicaragua: Die Regierung habe kein Recht, Konzessionen für Gebiete in kolumbianischem Hoheitsgebiet anzubieten. Das sei eine Verletzung der Souveränität Kolumbiens, hieß es in dem Schreiben. Einige der angebotenen Blöcke lägen zudem in dem geschützten Biosphärenreservat Seaflower.
Dossier an die Anwälte
Kolumbien habe ein internationales Anwälteteam zusammengestellt, das in den kommenden Wochen eine Strategie zur Verteidigung der kolumbianischen Interessen entwerfen solle, sagte Holguín. Dabei ist zumindest des Rechtsstreit Kolumbiens mit Nicaragua eigentlich abschließend geklärt. Der Internationale Gerichtshof hatte im November 2012 die Seegrenzen in der Karibik neu festgelegt.
„Nicaragua vergibt Konzessionen für Probebohrungen nur in ihm durch das Urteil zugestandenen Gewässern“, sagte der nicaraguanische Völkerrechtsexperte Norman Miranda kürzlich der Zeitung „El Nuevo Diario“. „Jeder Versuch, Nicaragua an der Ausübung seiner Rechte zu hindern, wird Konsequenzen haben.“
Den Haag bestätigt Komlumbiens Souveränität
Die Richter in Den Haag bestätigten im vergangenen Jahr Kolumbiens Souveränität über seine Überseegebiete San Andrés, Providencia und Santa Catalina vor der nicaraguanischen Küste. Dafür verlor das südamerikanische Land allerdings einen großen Teil seiner Gewässer in der Karibik.
Gegen Urteile des Internationalen Gerichtshofs kann keine Berufung eingelegt werden. Dennoch will Kolumbien die Entscheidung nicht hinnehmen. «Es bleiben die Mittel der Interpretation und der Revision», sagte der Rechtsberater der kolumbianischen Regierung, Rafael Nieto Navia, der Zeitung „El Tiempo“. „Zunächst muss das Gericht sich zu den unterschiedlichen Auslegungen in Nicaragua und Kolumbien äußern. Für das zweite Instrument müsste es neue Tatsachen geben. Und das Gericht ist kein Freund von diesen Anträgen.“
Unter dem Druck des Vorgängers
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos geriert sich wohl auch deshalb als Hardliner, weil ihn sein Vorgänger Álvaro Uribe ständig medial unter Druck setzt. Kolumbien solle das beanspruchte Seegebiet „für 30 oder 40 Jahre“ mit Kriegsschiffen blockieren, sagte der Ex-Präsident kürzlich. Santos und sein politischer Ziehvater Uribe sind sich seit einiger Zeit in herzlicher Abneigung zugetan. Der Präsident will auf keinen Fall als zu nachgiebig erscheinen.
Auch Costa Ricas Staatschefin Chinchilla ergreift gerne die Gelegenheit, sich als entschlossene Verteidigerin der nationalen Interessen darzustellen. Innenpolitisch steht die Präsidentin wegen umstrittener Infrastrukturprojekte und Korruptionsvorwürfen seit Monaten in der Kritik. Laut einer Umfrage aus dem April waren nur zwölf Prozent der Bürger mit ihrer Amtsführung zufrieden. Damit war sie die unbeliebteste Staatschefin Amerikas. Ein bisschen Säbelrasseln kann da nicht schaden.
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