Strukturelle Reformen zur Rettung

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Wie kann man die Sanierung der öffentlichen Haushalte und Wirtschaftswachstum miteinander vereinbaren? Der ehemalige Präsident der Europäischen Investitionsbank, Philip Maystadt, macht Lösungsvorschläge auf einem Wirtschaftskongress im ostfranzösischen Nancy vor 500 Teilnehmern.

Maystadt war elf Jahre Vorstandsvorsitzender der Europäischen Investitionsbank, davor zehn Jahre Finanzminister Belgiens und Vizepremier in der belgischen Regierung. In einem Referat auf einem Wirtschaftskongress in Nancy, in der ostfranzösischen Region Lothringen, stellte Maystadt die Grundsatzfrage nach der Auflösung des scheinbaren Widerspruches zwischen Sparen und Wachstum.

Es sei überhaupt keine Frage, sagte er, dass die Schuldenlast der „Club Med“ Staaten auf ein erträgliches Maß zurückgeschraubt werden müsse, Schulden mithin bezahlt werden müssten. Die Zeitpläne könnten dabei adjustiert werden. Verlängerungen müssten möglich sein. Aber das Prinzip dürfe nicht zur Diskussion stehen. Deutschland habe das mit der Rentenreform gezeigt. Das Prinzip sei bis 2032 festgelegt worden. In diesem Zeitraum würde die Rente nach und nach angepasst. Am Ende stünde eine Rente mit 67. Maystadt verlangte dabei Ehrlichkeit von den Staaten. Es sei nicht in Ordnung, das man in Frankreich mit einem Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent für 2014 rechne, wobei bekannt sei, dass es maximal bei 0,7 Prozent liegen könne. Es müssten weiterhin strukturelle Reformen durchgeführt werden, zum Beispiel bei der Rente oder bei Monopolen, die abgeschafft werden müssten.

Beim öffentlichen Dienst sparen

Man müsse in Europa auch prüfen, wo Einsparungsmöglichkeiten beim öffentlichen Dienst lägen. Weiter müssten Eingriffe des Staates durch Subventionen und Transfers auf den Prüfstand gestellt werden. Schließlich, so Maystadt, müssten Steuerreformen erfolgen. Dazu gäbe es keine Alternativen, weil das System in Europa längst interdependent geworden sei. So habe die Situation in Spanien Auswirkungen auf Portugal. Griechenland habe Zypern beeinflusst und die französische Politik habe Auswirkungen auf Belgien.

Angesichts der Interdependenzen müsse man das Problem europäisch lösen. Man müsse in drei Bereichen arbeiten. Wirtschaftswachstum könne durch Forschung und Entwicklung entstehen, durch Investitionen in den Nachhaltigkeitsbereich und neue Techniken und durch die Entwicklung sozialen Zusammenhangs. Frankreich zum Beispiel investiere nur 1,4 Prozent seines Wirtschaftswachstums in Forschung, Deutschland 1,9 Prozent, die USA zwei Prozent.

Vertrauen wieder aufbauen

„Dazu braucht es klare politische Linien, die das Vertrauen herstellen, das derzeit verloren gegangen ist. Dann können Investitionen können aus dem privaten Bereich aber auch aus dem institutionellen Bereich kommen. Der institutionelle Bereich verfügt über 14 Trillionen Euro Vermögenswerte. Wenn wir den privaten Bereich davon überzeugen, in Forschung und Entwicklung investieren, in nachhaltige Industrien, dann schaffen wir Wachstum für die Zukunft und können gleichzeitig unsere Haushalte sanieren“.

Maystadt kritisierte aber auch deutlich das Verhalten der Europäischen Kommission. So habe der Währungskommissar Olli Rehn in Washington ein Geheimnis erzählt. Man sei sich in Europa seit Monaten einig, Staaten mehr Zeit zu geben, um ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Solche Geheimnistuerei schädige das Vertrauen in die Politik erheblich, sagte Maystadt. Von der Politik seien Offenheit und Ehrlichkeit, aber keine Geheimnistuerei zu erwarten.