Krisentreffen in Luxemburg

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Im Mittelmeer hat sich das bislang schlimmste Flüchtlingsdrama ereignet. Ein Trawler mit rund 700 Menschen an Bord kenterte. Die EU-Außenminister beraten am Montag in Luxemburg über die Flüchtlingsfrage.

Am Montag beraten die EU-Außenminister bei ihrem Treffen in Luxemburg über die Flüchtlingsfrage (10.00 Uhr). Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini setzte das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung, nachdem bei einem Schiffsunglück vor der libyschen Küste in der Nacht zum Sonntag bis zu 700 Menschen ums Leben gekommen waren.

Vor der libyschen Küste hat sich offenbar das bislang schlimmste Flüchtlingsdrama im Mittelmeer ereignet: Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR vom Sonntag kenterte ein Trawler mit rund 700 Menschen an Bord. Lediglich 28 Flüchtlinge konnten demnach gerettet werden. Die EU kündigte angesichts der Katastrophe ein Krisentreffen an. Das Schiff sei rund 110 Kilometer vor der Küste Libyens und in rund 200 Kilometern Entfernung von der italienischen Insel Lampedusa in Seenot geraten, sagte UNHCR-Sprecherin Carlotta Sami am Sonntag dem TV-Sender RAInews24.

Es seien 28 Passagiere von einem Handelsschiff aufgegriffen worden. Die Geretteten hätten angegeben, dass mehr als 700 Menschen an Bord waren. Der UNHCR-Sprecherin zufolge gibt es wohl keine weiteren Überlebenden. Sollten sich die Zahlen bestätigen, wäre es das „schlimmste Massensterben, das jemals im Mittelmeer gesehen wurde“, sagte Sami.

Notruf in der Nacht

Das Schiff mit den Flüchtlingen setzte laut UNHCR in der Nacht zum Sonntag einen Notruf ab. Die italienische Küstenwache wies daraufhin einen portugiesischen Frachter an, seine Route zu ändern. Bei der Ankunft am Unglücksort sichtete die Crew den sinkenden Trawler. Das eigentliche Drama ereignete sich offenbar, als die rund 700 Flüchtlinge beim Eintreffen des Frachters alle auf eine Seite des kenternden Schiffes eilten. Die maltesische Marine sprach von rund 650 Flüchtlingen an Bord. Ein Sprecher erklärte, die Marine sei gegen Mitternacht alarmiert worden. “

Gemeinsam mit Italien haben wir unsere Einsatzkräfte mobilisiert und helfen bei den Bergungsarbeiten.“ Am Sonntagmorgen waren insgesamt 17 Schiffe vor Ort, die Suche nach Überlebenden erschien allerdings zunehmend hoffnungslos. Laut italienischer Küstenwache wurden zunächst 24 Leichen geborgen. Die EU-Kommission äußerte sich „zutiefst betroffen“ und kündigte eine Dringlichkeitssitzung der Innen- und Außenminister an. Dabei solle es vor allem darum gehen, die Flüchtlinge von der gefährlichen Reise über das Mittelmeer abzuhalten.

Schnell handeln

Papst Franziskus rief die internationale Gemeinschaft am Sonntag auf, angesichts der sich häufenden Flüchtlingstragödien „entschieden und schnell“ zu handeln. Mit Blick auf das Unglück sagte er vor den Gläubigen auf dem Petersplatz, es seien „Männer und Frauen wie wir, Brüder auf der Suche nach einem besseren Leben“. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einer „von Menschen gemachten Tragödie“.

Auf ihrem Weg von der afrikanischen Küste in die EU kommen jedes Jahr tausende Flüchtlinge um. Die meist seeuntauglichen Boote werden von Menschenschmugglern organisiert, die angesichts des Chaos‘ in Libyen straffrei agieren können. Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnete die Schmuggler am Sonntag im Fernsehen als „Terroristen“. Das bis dato schwerste Unglück ereignete sich im September 2014 vor Malta. Damals ertranken schätzungsweise 500 Flüchtlinge, nachdem Schmuggler absichtlich das Schiff rammten. Im Oktober 2013 kamen mehr als 360 Afrikaner um, als ihr kleines Fischerboot in Sichtweite Lampedusas Feuer fing. Der Vorfall war als Weckruf an die Welt beschrieben worden, doch hat sich seither wenig geändert.

Seit Jahresbeginn ertranken mehr als 1500 Flüchtlinge zwischen Libyen und Italien, das jüngste Unglück mitgerechnet. Allein in der vergangenen Woche sollen es etwa 11.000 Menschen gewesen sein (Artikel). Seit Anfang des Jahres sind laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mehr als 900 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer gestorben. Die italienische Hilfsmission „Mare Nostrum“ war 2014 eingestellt worden. Hintergrund war ein Streit in der EU, ob solche Missionen ungewollt noch mehr Flüchtlinge zur Überfahrt ermutigen.