Stimmen aus Luxemburg

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Bei den deutschen Bundestagswahlen am Sonntag ging die CDU/CSU als stärkste Partei hervor. Kanzlerin Merkel sicherte sich ihre dritte Amtszeit. Hier einige Reaktionen aus Luxemburg.

Mit einem Traumergebnis knapp unterhalb der absoluten Mehrheit haben die konservativen CDU und CSU bei der deutschen Bundestagswahl triumphiert und Merkel ihre dritte Amtszeit gesichert. In Luxemburg fallen die Reaktionen unterschiedlich aus.

Schneider: „Es ging mehr um Köpfe“

Luxemburgs Wirtschaftsminister Etienne Schneider erkannte den Erfolg von Angela Merkel und ihrer Partei an. Allerdings sei es bei der Wahl „mehr um Köpfe als um Inhalte“ gegangen, befindet der LSAP-Spitzenkandidat. Für Merkel werde es aber schwer, einen Koalitionspartner zu finden, so sie einen bräuchte. Die SPD sollte es sich zweimal überlegen, bevor sie eine entsprechende Entscheidung trifft, warnt Etienne Schneider.

Das Abschneiden der FDP führt er auf die Führungsschwäche bei den Liberalen zurück, auch wenn ebenfalls inhaltlich manches im Argen lag. Insbesondere beim FDP-Chef Philipp Rösler, den er als Wirtschaftsminister aus gemeinsamen EU-Ministerratssitzungen kennt, sei ihm „eine führende Hand“ aufgefallen, so Etienne Schneider.

Juncker: „Haushoch gewonnen“

Premierminister Jean-Claude Juncker konnte lediglich feststellen, dass die deutsche Schwesterpartei, die Union, die Wahl „haushoch gewonnen“ habe. Selbst eine absolute Mehrheit sei möglich für die CDU/CSU, was „ein totales Novum“ seit Jahrzehnten in der deutschen Politik sei. Mit der großen Koalition in Deutschland in den Jahren 2005-2009 sei Luxemburg allerdings „gut gefahren“, da beide Parteien, ebenso wie in Luxemburg, weitgehend die politischen Sensibilitäten abgedeckt hätten. Ob es aber zu einer Wiederholung dessen kommen werde, darüber wolle er nicht mutmaßen.

Jean-Claude Juncker wollte aus diesem Ergebnis allerdings keine Schlussfolgerungen für Luxemburg ziehen. „Wir haben es mit zwei verschiedenen Ländern zu tun, die allerdings bisher gut durch die Krise gekommen sind“, so der luxemburgische Regierungschef.

Asselborn: „Ende der Zersplitterung“

„Die CDU ist die klare Gewinnerin der Wahl, die SPD gewinnt, aber nicht ausreichend, die Grünen verlieren, die Linke schneidet besser ab als erwartet, die FDP ist raus. Was mich an diesem Ergebnis optimistisch stimmt, ist ein sich abzeichnendes Ende der Zersplitterung der Parteienlandschaft, wie sie sich speziell im Süden und im Norden der Europäischen Union breitgemacht hat. Die Aufmerksamkeit richtet sich demnach wieder mehr auf die parlamentarische Arbeit“, so der Luxemburger Außenminister. Jean Asselborn begrüßt es auch, dass fremdenfeindliche Parteien in Deutschland offenbar keine Chance haben.

Die CDU werde sich zwischen den Grünen und der Möglichkeit einer großen Koalition mit der SPD entscheiden müssen. Er glaube eher an eine Koalition mit den Grünen.

Allerdings sei er nicht CDU-Sprecher, zudem müsse man davon ausgehen, dass es bei den Grünen ernste und schwierige Diskussionen über eine Koalitionsmöglichkeit geben werde.
Sollte es zu einer neuen großen Koalition kommen, hätte das für Asselborn den Vorteil, dass die beiden Parteien, die bei den Wahlen gewonnen haben, auch regieren würden. „Das wäre zudem gut für Europa, weil die SPD eine Brücke zu den Sozialisten in Frankreich schlagen könnte.“
Schockiert ist Jean Asselborn über das relativ gute Abschneiden der AfD, die in Europa ein überhebliches Deutschlandbild vermitteln würde.

Goerens: „Große Überraschung“

„Eine große Überraschung“ sei der Wahlausgang für ihn, meinte der liberale Europapolitiker Charles Goerens, auch wenn er am Sonntagabend noch nicht wusste, ob die Unionsparteien vielleicht doch die absolute Mehrheit erringen würde. Die FDP habe die Wahlen bereits am Anfang verloren, da sie den Wählern das Gefühl vermittelt habe, nur einen Programmpunkt zu haben, so der DP-Politiker. Dennoch zeigte er sich „erstaunt“ darüber, dass der kleine Koalitionspartner in Deutschland derart abgestraft wurde. „Nicht unbedenklich“ sei die Bundestagswahl allerdings wegen des Abschneidens der „Alternative für Deutschland“.

Damit habe sich eine euroskeptische Stimme etabliert, die man von Deutschland nicht gewohnt sei. Denn immerhin würden die deutschen Nachbarn am meisten von der EU profitieren, so Charles Goerens.

Turmes: „Weinendes Auge“

Mit einem „weinenden Auge“ nahm der Grüne Claude Turmes das Wahlresultat zur Kenntnis, da die Schwesterpartei ein kleineres Ergebnis eingefahren habe als erwartet.

Das lachende Auge richtet der Europapolitiker auf das Abschneiden der FDP. Dies führe dazu, dass Angela Merkel ihre Europa- und Austeritätspolitik aufgeben und sich einer Politik der Investitionen und Arbeitsplatzbeschaffung zuwenden müsse.

Reding: SPD/Grüne „nicht glaubwürdig“

OGBL-Präsident Jean-Claude Reding erkannte das „ganz starke Resultat“ der beiden Unionsparteien an. „Das hat mit der Person Angela Merkel zu tun, aber nicht nur.“ Denn SPD und Grüne seien als Alternative „nicht glaubwürdig“ gewesen, nachdem sie unter der Regierung Schröder Sozialabbau betrieben hätten, so der Gewerkschaftler.

Jean-Claude Reding zeigte sich jedoch beunruhigt über die nationale Dimension der Politik, die Merkel in Europa betrieben habe.

Dabei seien Aussagen wie „Wir zahlen nicht für andere“ gut in Deutschland angekommen. „Da stelle ich mir größere Fragen für die weitere Entwicklung in Europa in den nächsten Jahren“, kommentierte Jean-Claude Reding.