Spannende Zeiten

Spannende Zeiten
(Tageblatt/Fabrizio Pizzolante)

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Marisa Matias wird im Januar 2016 für den portugiesischen Linksblock bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren und war diese Woche in Luxemburg zu Gast.

Die 39-jährige Europaabgeordnete nimmt am Mittwoch und Donnerstag an der Exekutivtagung der europäischen Linken (GUE/NGL) in Luxemburg teil, und sprach am Dienstag Abend ebenfalls bei einem von „Déi Lénk“ organisierten Meeting im Bonneweger Casino.

Steckbrief

Marisa Matias, geb. am 20. Februar 1976 in Coimbra, ist studierte Soziologin. Sie gehört dem linken „Bloco de Esquerda“ an, kandidierte für diesen 2005 für den Bürgermeisterposten in Coimbra.

2009 wurde sie ins europäische Parlament gewählt, 2014 wurde sie als „tête de liste“ ihrer Partei wiedergewählt. In Straßburg ist sie derzeit u.a. stellvertretende Vorsitzende des Sonderausschuss zu den „Tax Rulings“.

Die Beweggründe für ihre Präsidentschaftskandidatur erklärt Matias wie folgt: „Es ist ganz einfach eine spannende Zeit. Es gibt wieder politische Streitkultur, die war fast verschwunden bei uns. Auch neue Generationen mischen mit. Die Basis für einen Wechsel ist vielleicht da.“ Die Institutionen müssten wieder dem Volk dienen, und nicht umgedreht.

Neue Generationen

Marisa Matias fühlt sich bereit für die Herausforderung der Präsidentschaftskandidatur, „da ich mein Land sehr gut von innen kenne und seit 2009 im Europaparlament auch sehr viel auf internationalem Parkett gelernt habe.“

In Portugals semi-präsidentieller parlamentarischer Demokratie ernennt der Präsident den Regierungschef und hat u.a. bei verschiedenen Entscheidungen ein Veto-Recht. Der Präsident wird alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt.

Spannende Zeiten, das trifft auch auf die aktuelle Situation in Portugal zu was die Regierung angeht: „Es ist einer der interessantesten politischen, ja sogar demokratischen Momente in Portugal seit 30 Jahren“, so Matias.

„Regierung repäsentiert nicht das Volk“

Bei der Parlamentswahl am 4. Oktober hatte die rechtskonservative Allianz des alten und neuen Regierungschefs Pedro Passos Coelho mit 38,6 Prozent der Stimmen ihre absolute Mehrheit im Parlament verloren. Der Wahlsieger wurde von Präsident Anibal Cavaco Silva dennoch mit der Regierungsbildung beauftragt.

„Eine Minderheitsregierung, die nicht das Volk repräsentiert“, so Matias. Und derzeit sieht es so aus, als ob die oft zerstrittene portugiesische Linke sich zusammentun könnte und die Regierung stürzen könnte. Die Sozialisten, das Wahlbündnis Kommunisten/Grüne sowie der „Bloco de Esquerda“ von Matias kommen zusammen auf 122 der 230 Sitze und könnten Passos Coelho und seine Regierung demnach durchaus abwählen, indem sie die Regierungserklärung, die dieser spätestens nächste Woche abgeben muss, ablehnen.

„Was genau passiert weiss ich wirklich nicht, ich kann nicht in die Zukunft sehen“, so Matias, „aber nach vier Jahren Austerität, einer enormen Zunahme der Armut und steigender Zahlen von Leuten, die das Land ganz einfach verlassen, brauchen wir definitiv eine Regierung, die das Volk repräsentiert.“