Sotschi statt Sankt Moritz

Sotschi statt Sankt Moritz
(Reuters)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Rubel-Kollaps in Russland versaut den Skiorten in den Alpen das Weihnachstgeschäft. Die Russen haben kein Geld mehr und bleiben darum lieber daheim.

Die Weihnachtsferien wollte Maria Ptschelkina dieses Jahr in Finnland verbringen, ein Ferienhaus hatte sie schon ausgesucht. Doch nun hat die Rubelkrise die Urlaubspläne der Russin zunichte gemacht: Die 40 Jahre alte Englischlehrerin verbringt die Ferien zu Hause in St. Petersburg, die Auslandsreise kann sie sich wie so viele Russen nicht mehr leisten. „Wir wissen nicht, wie die Krise weitergeht und wollen unsere Ersparnisse deshalb nicht für eine Reise ausgeben“, sagt Ptschelkina.

Der russische Rubel hat gegenüber dem Dollar dieses Jahr 60 Prozent seines Wertes verloren. 1000 Euro würde das finnische Ferienhaus für zehn Tage kosten, 100.000 Rubel müsste Ptschelkina nun dafür bezahlen. Vor ein paar Monaten wären es nur 45.000 gewesen.

Verfall der Währung

Über Neujahr und Weihnachten, das in Russland erst am 7. Januar gefeiert wird, haben die Russen zehn Tage frei. Die Mittel- und Oberschicht nutzte diese Zeit in den vergangenen Jahren zunehmend zum Skifahren in Österreich, Frankreich und der Schweiz oder für einen Strandurlaub in Asien. Besonders die Urlaubsregionen in den krisengebeutelten europäischen Ländern freuten sich über die Einnahmen durch die russischen Touristen. „Jetzt ist die Nachfrage katastrophal“ sagt Irina Tjurina, Sprecherin des russischen Tourismusverbandes. „Die Lage ist düster: Das erste, worauf die Leute verzichten, ist das Reisen.“ Die Buchungen seien um bis zu 70 Prozent zurück gegangen. „Die Veranstalter sagen eine Reise nach der anderen ab, auch zu den Wintersportorten in Europa, auf die wir all unsere Hoffnungen gesetzt hatten“, sagt Tjurina.

Viele Kunden zahlten lieber Stornogebühren, um zumindest die Ausgaben vor Ort zu sparen. Lediglich bei Reisen in relativ günstige Länder wie Ägypten und die Türkei ist der Rückgang laut Tourismusverband nicht so stark. Grund für den Verfall der russischen Währung sind die Ukrainekrise, die Sanktionen des Westens gegen Moskau und der sinkende Ölpreis. „Unter diesen Bedingungen kann ich es mir nicht leisten, Geld für Reisen auszugeben“, sagt Iwan Makarow, ein Angestellter aus St. Petersburg. „Das wäre unklug.“

Krim oder Sotschi

Diese Haltung kennt Elena Jakimowa, die Chefin des Reisebüros Profi-Tour in der Stadt. „Dieses Jahr ist es ganz anders als in den vorangegangenen“, sagt sie. Die Nachfrage sei extrem zurückgegangen. Harte Zeiten für Reiseveranstalter und Reisebüros, einige sind bereits bankrott. Doch es gibt auch Profiteure der Krise. Viele Russen, die sich Urlaub im Ausland nicht mehr leisten können, fahren stattdessen auf die von Moskau annektierte Halbinsel Krim oder nach Sotschi am Schwarzen Meer. Auch die Hotels rund um Moskau seien Anfang Januar ausgebucht, sagt die Sprecherin des Tourismusverbandes. Und der Kurort Sotschi, in dem im Februar die Olympischen Winterspiele stattfanden, könne den Besucheransturm kaum mehr bewältigen.