/ Sittiche auf dem Vormarsch
Immer häufiger beobachten Ornithologen freigesetzte Vögel aus fremden Ländern – inzwischen rund 340 Arten in Mitteleuropa. In Wiesbaden, rund um Köln und Heidelberg flattern freilebende Halsbandsittiche schon seit Jahrzehnten durch die Parks. Nun breiten sich die Papageien vor allem entlang des Rheins weiter aus. Viele Spaziergänger freuen sich über die possierlichen Schreihälse, Ornithologen erforschen begeistert die Lebensgewohnheiten der Exoten. Kritiker warnen jedoch, dass die Sittiche womöglich natürlich vorkommenden Vögeln wie Spechten und Kleibern die Bruthöhlen streitig machen und Fledermäuse vertreiben.
Welche Probleme sich daraus ergeben könnten, dem geht das deutsche Bundesamt für Naturschutz nun gezielt nach. Die Diskussion um gebietsfremde Arten müsse insgesamt versachlicht werden, fordern die Experten in Bonn. Oft rückten emotionale oder wirtschaftliche Beweggründe in den Vordergrund. Kritik an den Neuankömmlingen werde als „politisch inkorrekte Haltung in einer multikulturellen Gesellschaft“ gewertet. Unter Fachleuten gehen die Meinungen weit auseinander: Manche begrüßen neue Arten als Zugewinn an biologischer Vielfalt, andere plädieren für eine konsequente Beseitigung.
Sittiche in Luxemburg
Rund 290 Vogelarten gehören zur luxemburgischen Fauna – 140 brüten hier. Gerade im Sommer beobachten Vogelkundler in Luxemburgn freigesetzte Vögel aus fremden Länder. „Wir entdecken vereinzelt Wellen- oder Nymphensittiche. Ganze Populationen gibt es in Luxemburg aber nicht,“ heißt es am Mittwoch von der Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga. Gerade im Sommer zur Urlaubszeit würden sich viele Luxemburger von ihren Vögeln „trennen“, heißt es.
Die ersten wildlebenden Halsbandsittiche in Deutschland wurden Mitte der 1960er Jahre in Köln beobachtet – vermutlich waren sie entflogen oder ausgesetzt worden. Nach aktuellen Schätzungen leben inzwischen 8500 Halsbandsittiche in Westdeutschland, meist in Parks mit vielen alten Bäumen. Ob sie dort andere Tiere vertreiben, lässt sich anhand der bekannten wissenschaftlichen Daten nicht sicher beurteilen, heißt es. Daher gelte der Halsbandsittich als potenziell invasiv und sollte weiter beobachtet werden. Das bedeutet, er kommt voraussichtlich auf die sogenannte „graue Liste“.
Im Einzelfall entscheiden
Mit dem Bewertungssystem der weißen, grauen und schwarzen Listen teilt das Bundesamt derzeit freigesetzte oder eingeschleppte Tiere und Pflanzen danach ein, ob sie einheimische Arten möglicherweise gefährden. Bislang sind nur die Fische fertig: Von 25 beurteilten Arten kamen sechs auf die „schwarze Liste“. Sie gelten als invasiv, eine Gefährdung einheimischer Arten gilt als belegt. Ob und mit welchen Mitteln solche Populationen kontrolliert werden, soll im Einzelfall entschieden werden.
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