„Sie waren vermummt“

„Sie waren vermummt“
(AFP)

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Terroristen haben die Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris angegriffen. Mindestens zwölf Menschen sind tot, die Täter auf der Flucht.

Einige Mitarbeiter des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo konnten sich während der Attacke aufs Dach des Gebäudes retten. Von dort aus filmten sie die Attentäter dabei, wie sie aus dem Gebäude flüchten, „Allahu Akbar“ schreien und auf ein unbekanntes Ziel schieß. In den verwackelten Bildern sieht man auch, wie die schwarz gekleideten Männer in ein dunkles Auto steigen.

Fußgänger überfahren

Während ihrer Fahrt vom 11. Arrondissement zwischen dem Platz der Bastille und dem Platz der Republik stiegen sie aus ihrem Auto noch einmal aus und töteten einen Polizisten per Kopfschuss, wie auf einem Video zu sehen ist. In der Nähe der Porte de Pantin in Richtung nordöstlichem Stadtrand überfielen sie einen Autofahrer und überfuhren einen Passanten. Seither verliert sich die Spur.

In den Redaktionsräumen von „Charlie Hebdo“, dem Satiremagazin, das seit Jahren wegen seiner provokanten Mohammed-Karikaturen im Visier von Islamisten ist, richteten die Täter ein wahres Blutbad an. Der langjährige Chef der renommierten Satirezeitung starb in dem Kugelhagel ebenso wie drei seiner Kollegen, die Zeichner Wolinski, Cabu und Tignous. Ein Journalist, der in Räumen gegenüber von „Charlie Hebdo“ arbeitet, berichtete von fürchterlichen Szenen: „Leichen am Boden, Blutlachen, sehr schwer Verletzte“. „Sie waren vermummt, mit Kalaschnikow oder M16“, erzählte ein Nachbar schockiert. Die Angreifer seien „todernst“ gewesen, so dass er an Sondereinheiten der Polizei habe denken müssen, die Drogenhändler verfolgen. „Man kam sich vor wie bei einem Filmdreh.“

Höchste Terrorwarnstufe

Andere erzählen, wie sie gerade die Straße entlang kamen oder aus dem U-Bahn und fast in die Schießerei gerieten. Der 56-jährige Jean-Paul Chevalier, der in einem Kindergarten arbeitet, kam mit einigen Kleinen dort vorbei: „Leute lehnten sich aus dem Fenster und schrieen mir zu, vom Bürgersteig zu verschwinden. Die Leute waren in Panik, und ich hörte Schüsse.“ Die sozialistische Regierung in Paris verhängte umgehend die höchste Terrorwarnstufe für den Großraum Paris – ein Schritt, der ungewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen und Einschränkungen für die Bevölkerung zulässt.

So wurde nicht nur der Schutz von Medienhäusern, großen Kaufhäusern, Kirchen und im öffentlichen Nahverkehr erhöht. Für Schulen wurden alle Ausflüge untersagt, Parken vor Schulen wurde verboten. Ein sichtlich erschütterter Staatschef François Hollande sprach am Tatort von einem „Terroranschlag“, daran gebe es keinen Zweifel. „Frankreich steht heute unter Schock.“ Ziel des Attentats sei eine Zeitung gewesen, die schon mehrfach bedroht worden sei. Die Täter dieser „außergewöhnlich barbarischen Tat“ würden verfolgt und vor Gericht gestellt, versprach er.

Terrordrohungen

Schon seit Monaten sorgen Terrordrohungen insbesondere der in Syrien und im Irak kämpfenden Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Frankreich für Unruhe. Die Sicherheitsdienste hatten gewarnt, dass es nicht mehr eine Frage sei, ob ein Anschlag stattfinde, sondern nur noch ob und wo. Präsident Hollande versuchte zwar, mit dem Hinweis zu beruhigen, dass in den vergangenen Wochen bereits mehrere Anschlagsversuche vereitelt worden seien. Dass die – mutmaßlich islamistischen – Täter nun aber im Stadtzentrum der Hauptstadt zuschlagen konnten, schockierte die Franzosen. Eine Frau in der Nähe des Anschlagsortes drückte das aus, was viele denken: „Das ist Irrsinn – mitten im Herzen von Paris.“