Schwierige Koalitionssuche beginnt

Schwierige Koalitionssuche beginnt
(AFP/Bernd Weißbrod)

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Der AfD-Wahlerfolg in drei deutschen Bundesländern stellt die Etablierten vor Probleme. Die Zeiten einfacher Regierungsbildungen sind vorbei.

Unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise haben die Landtagswahlen vom Sonntag die Parteienlandschaft gehörig durcheinandergewirbelt. Der triumphale Durchmarsch der AfD in die Parlamente von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt macht die Regierungsbildung schwierig. In allen drei Ländern sind die bisherigen Koalitionen abgewählt – die Ministerpräsidenten selbst können dennoch hoffen, in anderer Konstellation weiterzuregieren. Die einstigen Volksparteien CDU und SPD erlebten historische Niederlagen, die Grünen in Baden-Württemberg einen historischen Sieg. Der wichtigste Wahltermin seit der Bundestagswahl galt als Abstimmung auch über die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

In Baden-Württemberg sind die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann dem vorläufigen Ergebnis zufolge erstmals in der deutschen Geschichte stärkste Partei. Allerdings reicht es nicht für eine Fortsetzung der bundesweit ersten grün-roten Koalition. Im Duell in Rheinland-Pfalz verweist die SPD von Regierungschefin Malu Dreyer die CDU von Herausforderin Julia Klöckner nach dramatischem Wahlkampfendspurt doch noch auf Platz zwei – Rot-Grün ist aber passé.

Niemand will mit Rechtspopulisten koalieren

In Sachsen-Anhalt erhält die im Zuge der Flüchtlingskrise aufgestiegene AfD, die nunmehr in 8 der 16 Landtage sitzt, ein Rekordergebnis: Mit 24,2 Prozent ist sie dort zweitstärkste Partei. Nach Angaben der ARD-Wahlforscher hat eine außerparlamentarische Partei dies noch nie geschafft. Zu verdanken hat sie das demnach vor allem früheren Nichtwählern. Allerdings will mit den Rechtspopulisten, die auch in den beiden anderen Ländern zweistellig sind, niemand koalieren.

Zu den drei Landtagswahlen waren rund 12,7 Millionen Bürger aufgerufen, gut ein Fünftel aller Wahlberechtigten in Deutschland. Im Wahlkampf war die Flüchtlingsproblematik bestimmend: Alle drei CDU-Spitzenkandidaten hatten sich von Merkels europäischem Kurs abgesetzt und nationale Maßnahmen zur Reduzierung des Andrangs gefordert – die Sozialdemokratin Dreyer und der Grüne Kretschmann hatten die CDU-Vorsitzende hingegen unterstützt.

Gabriel ruft Union auf internen Streit beizulegen

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte von der Union als Konsequenz aus dem Erstarken der AfD ein Ende des internen Flüchtlingsstreits: Er hoffe, „dass die CDU/CSU merkt, dass dieser permanente Streit, die Chaostage dort, ihnen nicht helfen“. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte auf die Frage nach einem Kurswechsel: „Das sehe ich nicht.“

Die Forschungsgruppe Wahlen interpretiert die Ergebnisse nicht als Plebiszit gegen Merkels Flüchtlingspolitik: „Wer in den Volksparteien zu sehr nach den Rändern schielt, wie dieses Mal die Spitzenkandidaten der CDU in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit ihrer Absetzbewegung von Merkel, verliert die breite Mitte und kann keine Wahl gewinnen,“ erklärten die Mannheimer Experten.

Im Bundesrat könnten sich die Machtverhältnisse nun verschieben: Gibt es in Stuttgart eine Koalition mit der CDU, wäre die rot-grün-rote Länderdominanz dahin.

Die starke Polarisierung im Zuge der Flüchtlingsdiskussion mobilisierte in allen drei Ländern mehr Wähler als früher. Die Wahlbeteiligung lag in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bei 70,4 Prozent und in Sachsen-Anhalt bei 61,1 Prozent.