Schweizer für verschärftes Asylrecht

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Mehr Asylbewerber, längere Wartezeiten bis zur Entscheidung, Unmut in der Bevölkerung. Die Schweizer Regierung greift zu einer Verschärfung des Asylgesetzes - und das Schweizer Volk sagt dazu eindeutig Ja.

Als Reaktion auf steigende Zuwanderungszahlen haben die Schweizer mit großer Mehrheit ein verschärftes Asylgesetz bestätigt. Es ermöglicht beschleunigte Verfahren, schränkt Chancen auf Asylanträge ein und erlaubt „spezielle Zentren“ für Bewerber, die Schwierigkeiten machen. Dafür votierten am Sonntag laut amtlichem Ergebnis 78,5 Prozent der Teilnehmer einer Volksabstimmung – weit mehr als Gegner der Asylgesetz-Verschärfung befürchtet hatten.

Asylverfahren könnten nach den neuen Regeln innerhalb von 100 Tagen abgeschlossen werden – bislang ziehen sie sich manchmal über Jahre hin. Asylgesuche dürfen nicht mehr im Ausland bei einer Schweizer Botschaft gestellt werden. Die Verweigerung des Wehrdienstes oder Desertion aus Streitkräften wird nur noch dann als Asylgrund anerkannt, wenn Betroffenen drastische Strafen drohen.

Sonderunterkünfte

Mit der Gesetzesrevision wurde erstmals auch eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen, sogenannte „renitente“ Asylsuchende in separate Sonderunterkünfte einzuweisen. Bislang gibt es solche Zentren allerdings nicht. Die neuen Regeln gelten zudem bis September 2015 und sollen vor einer Verlängerung überprüft werden.

Die politische Linke, Hilfsorganisationen für Migranten sowie Gewerkschafts- und Kirchenkreise hofften, das von Regierung und Parlament bereits im vergangenen Jahr beschlossene Gesetz per Referendum zu Fall bringen zu können. Sie kritisieren es als eine unmenschliche Verschärfung der bisherigen Praxis, die auf die Abwehr von Asylsuchenden gerichtet sei. Die Volksabstimmung hatten sie mit einer Unterschriftensammlung erzwungen.

Fall Eritrea

Die sozialdemokratische Justizministerin Simonetta Sommaruga versicherte, dass „wirklich bedrohte Menschen weiterhin den Schutz der Schweiz erhalten“. Wehrdienstverweigerung werde beispielsweise im Falle Eritreas weiter als Asylgrund anerkannt, weil dort unverhältnismäßige Strafen drohten.

Allein aus dem diktatorisch regierten ostafrikanischen Kleinstaat sind Tausende Menschen in die Schweiz geflohen und haben dort Asyl erhalten. Insgesamt stieg die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz seit dem Kosovokrieg 1999 insgesamt auf einen Höchststand von 29.000 im Jahr 2012. Rechte Politiker hatten dafür eine im internationalen Vergleich liberale Asylpraxis verantwortlich gemacht.

„Mehrjährige Hetzkampagne“

Die Schweizer Flüchtlingshilfe führte die aus ihrer Sicht unerwartet große Zustimmung zur Verschärfung des Asylgesetzes auf eine „mehrjährige Hetzkampagne“ des rechten politischen Flügels zurück. Dennoch sei die Bevölkerung im Alltag durchaus bereit, Menschen in Not zu helfen, sagte Flüchtlingshilfe-Sprecher Stefan Frey der Schweizer Nachrichtenagentur sda. Das klare Resultat sei nun allerdings ein Steilpass für Befürworter weiterer Verschärfungen.

Ebenfalls mit klarer Mehrheit stimmten die Eidgenossen am Sonntag gegen die Initiative der national-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), die Regierung direkt vom Volk und nicht mehr vom Parlament wählen zu lassen. Das lehnten mehr als 70 Prozent der Teilnehmer ab. Die Antragsgegner hatten erklärt, die sieben Minister in Bern würden sich sonst praktisch im Dauerwahlkampf um ihre Jobs befinden.

Luxemburg Top-Drei

Die wohlhabende Schweiz rangiert bei der Aufnahme von Flüchtlingen unter den europäischen Staaten an vierter Stelle hinter Malta, Schweden und Luxemburg. Auf 332 Schweizer kommt ein Asylbewerber, im europäischen Durchschnitt ist es einer je 625 Einwohner. Zuletzt warteten etwa 48.000 Menschen in der Schweiz auf ihren Asylbescheid, die meisten aus Eritrea, Nigeria, Tunesien, Serbien und Afghanistan. Allein 28.631 Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr. Allerdings hatten nur knapp zwölf Prozent der Anträge Erfolg.