Schwarze Listen mit Journalisten

Schwarze Listen mit Journalisten
(Reuters/Jean-paul Pelissier)

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Redaktionen in Frankreich wenden sich gegen die Pressionen, die der rechtsradikale Front National auf sie während der Wahlkampagne ausübt.

33 Redaktionen aller Arten von Medien und politischen Richtungen haben sich öffentlich dagegen gewendet, von Frankreichs Rechtradikalen bei ihrer Berichterstattung über den Wahlkampf unter Druck gesetzt zu werden. Der Front National (FN) wähle die Journalisten aus, die über seine Veranstaltungen berichten dürften. FN sorge weiter dafür, dass nur bestimmte Journalisten Interviews führen dürften. Während Ikonen wie Jean Claude Bourdin des führenden Nachrichtensenders BFMTV unbehelligt blieben, wurde Audrey Pulvar, Anchorwoman des konkurrierenden Senders Cnews, Opfer des Front National.

Nachdem die Nummer zwei der Rechtsradikalen, Florian Philippot, sie beschuldigte, sich für Emmanuel Macron in einem Pamphlet ausgesprochen zu haben, suspendierte der Sender sie. Pulvar ließ in einer späteren Sendung auf dem öffentlich rechtlichen Sender France 5 kein gutes Haar an Marine Le Pen und dem Front National und warnte, dass man sich nicht täuschen lassen solle; der Front National sei tiefgreifend rechtsradikal.

Philippot ordnet ein

Lokaljournalisten im Henin-Beaumont im Norden Frankreichs bekommen das täglich zu spüren. Hier regiert der FN Vizepräsident Briois, der die lokale Presse der Voix du Nord vollkommen ausgeschlossen hat. Keine Teilnahme an Sitzungen des Gemeinderates, keine Informationen für die Journalisten, keine Interviews. Die Journalisten der Voix du Nord werden total isoliert.

In den Fernsehsendungen, an denen FN-Mitglieder teilnehmen, wird regelmäßig kritisiert, dass bei Presseschauen nur die FN in negativen Artikeln zitiert wird. Chefideologe Florian Philippot ordnet Journalisten in solche ein, die Journalisten seien (und positiv über den FN berichten) und solche, die Parteimitglieder mit Pressekarte seien (und negativ über den FN berichten).

Subtiler Druck

Die konservative Tageszeitung Le Figaro berichtet, dass es schwarze Listen mit Medien und Journalisten gibt, die von der Partei nicht zugelassen werden. Die Zeitung hat beobachtet, dass der Ordnungsdienst bei einer Veranstaltung Journalisten und ein Fernsehteam ausschloss. Das Fernsehteam filmte von einem Platz hinter Absperrgittern aus. Fast immer ausgeschlossen werden die Journalisten der Recherche-Website Mediapart und die Teams der ironisch-satirischen Nachrichtensendung Quotidien. Auch das Nachrichtenportal von Canal+ wurde ausgesperrt.

Es gibt andere subtile Arten, Journalisten und ihre Familien unter Druck zu setzen. Einzelne Redaktionen berichten laut Le Figaro, dass sie unter „militante Überwachung“ gestellt worden seien und dass über Mitglieder der Redaktionen unter voller Nennung des Namens in den sozialen Medien berichtet wird. Florian Philippot kündigte während eines Interviews einem Journalisten an, dass sein Medium demnächst geschlossen würde. Eine bewusste Falschmeldung.

Der sozial-liberale Kandidat Emmanuel Macron seinerseits schloss russische Staatsmedien aus, die Falschmeldungen über sein Privateben verbreitet hatten.