Schnelle Wohnungssuche in der Kneipe

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In einer Universitätsstadt ein WG-Zimmer zu finden, ist schwer. Lange Wartelisten oder langwierige WG-Castings sind meist die Folge. In Würzburg gibt es jetzt eine schnellere Lösung: WG-Speed-Dating.

Hannah Baunach lässt ihren Blick konzentriert durch die gemütliche Studentenkneipe schweifen. Einer der Gäste könnte ihr künftiger Mitbewohner sein. Sie nimmt sich ein kleines Pappschild, schreibt „Biete WG-Zimmer“ darauf und klemmt es mit einer Wäscheklammer an ihrem Pullover fest. Wenig später fällt der Startschuss zum 1. WG-Speed-Dating in Würzburg. Studenten hatten die Idee, auf diesem Weg Zimmersuchende und Wohngemeinschaften (WG) miteinander zu verkuppeln.

Speed-Dating stammt eigentlich aus der Partner-Vermittlung. Die Teilnehmer sitzen sich dabei nur wenige Minuten gegenüber und entscheiden dann, ob sie sich näher kennenlernen wollen. In der Studentenkneipe „Kellerperle“ ist das am Donnerstagabend genauso. Nur dass es nicht um Liebe, sondern um Zimmer geht.

Große Nachfrage

Zu Beginn des Wintersemesters war die Wohnungsnot der Studenten in vielen Städten riesengroß. Gründe dafür waren unter anderem der doppelte Abiturjahrgang und die ausgesetzte Wehrpflicht. Das hat dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden zufolge rund 15,8 Prozent mehr Studienanfänger an die Hochschulen gebracht. Mehr als eine halbe Million junger Menschen wechselte 2011 direkt von der Schulbank in den Hörsaal. Entsprechend groß war die Nachfrage.

Das Deutsche Studentenwerk (DSW) steht der kreativen Idee aus Unterfranken grundsätzlich positiv gegenüber. Noch besser sei es natürlich, die Suche nicht nur zu erleichtern, sondern auch zusätzliche Wohnungen und Zimmer aufzutun, sagt Georg Schlanzke, DSW-Referatsleiter des Bereiches Wohnen, über die WG-Speed-Dating-Idee. „Wir haben potenziell zu wenige Wohnheimplätze im gesamten Bundesgebiet.“ Diese Problematik werde auch in den kommenden Jahren bestehen bleiben.

Fünf Minuten Zeit

Fast alle Tische der Kneipe im Keller des Studentenhauses sind besetzt. Die 20 Jahre alte Hannah Baunach hat einen großen Schreibblock vor sich auf den Tisch gelegt. Moderator Henning Trentmann gibt die letzten Anweisungen für die Studenten und los geht’s. Fünf Minuten haben die Männer und Frauen Zeit, sich kennenzulernen und für sich oder das WG-Zimmer zu werben.

Hannah muss besonders charmant sein, ihr Zimmer liegt mehrere Kilometer außerhalb von Würzburg. „Aber in einem wunderschönen Dorf und es nicht weit zur Uni“, sagt sie. Schon während des Gesprächs macht sie sich Notizen. Sie lächelt, sie nickt, sie stellt Fragen. „Eigentlich sind die fünf Minuten viel zu kurz. Auf der anderen Seite merkt man tatsächlich schon nach wenigen Sekunden, ob es passt oder nicht“, sagt die Lehramts-Studentin.

Ein Testlauf mit Zukunft

„Das ist für uns ein Testlauf, ein Versuch“, hatte Ideengeberin Kristina Helmerich vor Beginn des WG-Speed-Datings gesagt. Schon am ersten Abend steht aber fest: Es wird eine Fortsetzung geben. „Wenn alles klappt, wiederholen wir das schon im April“, sagt Trentmann und greift erneut zum Mikrofon. Die fünf Minuten sind um, die Studenten ziehen weiter. Zum nächsten Tisch. Die Kontaktdaten tauschen sie direkt am Tisch aus, wenn sie Interesse am Zimmer oder am potenziellen Mitbewohner haben. Danach wird dann natürlich noch die Wohnung angeschaut, ehe man endgültig zusammenziehen wird.

Für den 28 Jahre alten Kay Mayer war der Abend indes nicht erfolgreich. „Ich suche nur für einen sehr kurzen Zeitraum. Das ist ohnehin schwer. Aber Zeitverschwendung war es trotzdem nicht. Die meisten WG-Anbieter wollen mal für mich rumfragen“, sagt der Sozialmanagement-Student. Auch Hannah Baunach scheint nicht zufrieden zu sein. Sie wird wohl weiter nach einem geeigneten Mitbewohner suchen. „Aber die Idee ist klasse. Es geht schnell, das ist sehr praktisch. Und in einer gemütlichen Kneipe und mit Gleichgesinnten macht es auch mehr Spaß.“