Schnee und Eis lähmen Europa

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(dpa)

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Winter 2012 in Europa: Teile des Kontinents versinken im Schnee. Hunderte Menschen erfrieren. Bisher gab es 280 Kältetote.

Eine Woche nach dem heftigen Wintereinbruch in Europa sind mehr als 280 Menschen in Kälte, Eis und Schnee gestorben. Allein in der Ukraine fanden bis zum Wochenende 131 Menschen den Kältetod. Der stärkste Schneefall seit Jahrzehnten löste vor allem in Serbien und Italien ein Verkehrschaos aus. Zehntausende blieben ohne Strom. Soldaten wurden zu Räumarbeiten eingesetzt.

In Mittel- und Süditalien herrschte Winterchaos. Zwei Menschen starben, als Dächer unter der Last des Schnees zusammenbrachen. Bis zu 120.000 Menschen waren zeitweise ohne Strom. Tausende blieben in Zügen oder Autos stecken. In Rom und anderen Städten waren Soldaten eingesetzt, um die Straßen von Schnee und Eis zu befreien.

Schneechaos in Serbien

Nach zwei Tagen ununterbrochenen Schneefalls in Serbien bereitet die Regierung laut Medienberichten den Ausnahmezustand vor. In Belgrad, Rom und anderen Städten brach der Verkehr zusammen, Menschen waren nach Lawinen in Tunnel eingeschlossen. Die Zahl der Kältetoten stieg europaweit auf über 250. Die Kältewelle erreichte inzwischen sogar Nordafrika. In Deutschland und an anderen Orten des Kontinents war die Nacht zum Samstag die bisher kälteste Nacht des Winters.

In Serbien wurde bereits in 27 Gemeinden der Ausnahmezustand ausgerufen. Alle Grund- und Mittelschulen sowie Kindergärten sollen wegen der Schneemassen in der nächsten Woche geschlossen bleiben. Weil auch die Hauptstadt im Verkehrschaos versinkt, rief die Regierung alle Bürger zur Hilfe auf. Am Samstagmorgen meldeten sich Hunderte Menschen, um beim Räumen mitzuhelfen. In Briefen an Zeitungen und Fernsehanstalten beschwerten sich die Bürger, dass die Behörden völlig unzureichend auf den Schnee vorbereitet und selbst die Transitstraßen unpassierbar waren.

Staats-Chefs eingeschneit

Wegen des starken Schneefalls in der gesamten Region saßen die beiden Staatspräsidenten von Kroatien und Serbien, Ivo Josipovic und Boris Tadic, im Jahorinagebirge vor den Toren von Sarajevo fest, wie Medien in Belgrad berichteten. In Montenegro steckten 60 Menschen nach Lawinenabgängen in einem Tunnel fest. Armeeangehörige seien für den Rettungseinsatz abkommandiert worden. In der Nacht zum Samstag misslang der erste Versuch, zu den Eingeschlossenen durchzukommen.

Die stärksten Schneefälle seit Jahrzehnten lösten in Rom ein Verkehrschaos aus. Busse kamen laut Medienberichten nicht voran, Rettungskräfte kamen zu spät. „Rom geschlossen wegen Schneefalls“, schrieb „Il Messaggero“ über das Verkehrschaos vom Vorabend. Bürgermeister Gianni Alemanno wies Kritik wegen mangelnder Vorbereitung zurück: So stark habe es zuletzt 1985 in Rom geschneit. Überall waren mindestens zehn Zentimeter Schnee gefallen.

Schnee-Chaos in Italien

Ein Fährschiff rammte im Schneesturm in Civitavecchia nordwestlich von Rom einen Hafendamm und wurde dabei schwer beschädigt. Das Schiff mit mehr als 300 Passagieren und Besatzung an Bord wurde evakuiert, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

In den Staaten Ost- und Südeuropas, die von der Extremkälte besonders betroffen sind, erlitten erneut Dutzende Menschen den Kältetod. In der Ukraine erfroren mindestens 21 Menschen. Die Zahl der Kältetoten stieg damit auf 122 in diesem Winter, wie das Zivilschutzministerium in Kiew mitteilte. Die meisten Opfer waren demnach Obdachlose.

250 Kältetote

In Polen erfroren trotz verstärkter Polizeipatrouillen zur Suche nach Kälteopfern sieben Personen, wie das Innenministerium mitteilte. Seit Beginn der Kältewelle erfroren in Polen insgesamt 45 Menschen. Hinzu kommen sechs Opfer, die an Kohlenmonoxidvergiftungen starben. In der Nacht zu Samstag kamen außerdem vier Obdachlose bei drei Bränden ums Leben.

In Rumänien erfroren laut Regierung binnen 24 Stunden weitere vier Menschen – seit Beginn des extremen Frosts vor einer Woche waren es damit 28. Der Frost ließ in Rumänien inzwischen leicht nach. Zugleich setzten wieder heftige Schneestürme ein. Aus Frankreich wurde am Samstag ein zweites Kälteopfer gemeldet.

Verkehrschaos in der Schweiz

Die kälteste Februarnacht seit 30 Jahren in der Schweiz brachte selbst die sonst zuverlässige Schweizer Bahn am Samstag in Schwierigkeiten. Wegen vereister Weichen kam es unter anderem auf der Strecke zwischen Lausanne und dem Genfer Flughafen zu Verspätungen, berichtete die Nachrichtenagentur sda.

Heathrow streicht Flüge

Großbritanniens größter Flughafen Heathrow hat ob angekündigter Schneefälle für Sonntag ein Drittel der Abflüge gestrichen. „Diese Entscheidung sichert, dass die Mehrzahl an Passagieren mit einem Minimum an Störung fliegen kann“, sagte der Flughafen-Chef von Heathrow, Normand Boivin, am Samstag. Nach Wettervorhersagen könnten in der Nacht zum Sonntag bis zu 15 Zentimeter Schnee in England fallen. Der Londoner Airport rechnet mit eingeschränkter Sicht und gefrierendem Nebel.

Der neue Flugplan soll am Samstagabend auf der Heathrow-Website veröffentlicht werden. Der Flughafenbetreiber BAA erwartet, dass mehr als 70 Prozent der Passagiere trotzdem reisen können. Man habe den von den Absagen Betroffenen rechtzeitig Bescheid geben wollen, damit sie noch „relativ komfortabel“ umbuchen können, sagte Boivin.

In Nordafrika gab es in höheren Lagen der algerischen Hauptstadt Algier in der Nacht zum Samstag erstmals seit Jahren wieder heftigen Schneefall. Zahlreiche Kinder, die noch nie weiße Flocken gesehen hatten, stürzten sich nach Augenzeugenberichten begeistert nach draußen.