/ Schluss mit Zwangs-Räumungen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat gesprochen. „Es reicht“, meint er zu den spanischen Zwangsräumungen. In Spanien werde den Verbrauchern ein Schutz verwehrt, den eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 1993 garantieren soll. Die Gesetze „machen es unmöglich oder praktisch unmöglich“, eine Zwangsräumung zu stoppen, stellte der Gerichtshof in Luxemburg am Donnerstag fest.
Die Sprecherin der Plattform der Hypothekengeschädigten (PAH) hat nun gefordert, alle Räumungen sofort auszusetzen. Ada Colau will auch, dass die Gesetze geändert werden. „Die Bevölkerung hat schon zu viel Geduld aufgebracht.“ Es sei besser, spät als nie einzulenken, weil es sonst zu „unbeherrschbaren sozialen Konflikten kommen kann“, warnte Colau.
Urteil war absehbar
Obwohl das vernichtende Urteil seit vergangenem November absehbar war, blieb die konservative Regierung unter Mariano Rajoy tatenlos. Die Generalanwältin am EuGH hatte in ihrer Stellungnahme festgestellt, dass spanische Verbraucher „schutzlos“ seien und die Hypothekengesetze EU-Recht verletzten.
Die Untätigkeit führte dazu, dass täglich weiter etwa 500 Familien illegal aus ihren Wohnungen geworfen wurden.
Dem Kläger Mohamed Aziz, der auf Antrag der Sparkasse CatalunyaCaixa im Januar 2011 geräumt worden war, hilft das EuGH-Urteil kaum noch. Er gehörte zu denen, die wegen der Arbeitslosenquote von über 26 Prozent ihren Kredit nicht mehr abzahlen konnte. Dass er seine Wohnung trotz „missbräuchlicher Klauseln“ im Kreditvertrag verlor, bedauern auch die Richter.
Hunderte Familien atmen auf
Sie sehen es als „unzureichend“ an, dass der „irreversible Verlust der Wohnung“ in Spanien nicht vermieden werden kann. Hunderttausende Familien atmen dank José María Fernández Seijo auf. Dieser Richter aus Barcelona hatte den Fall Aziz zur Beurteilung nach Luxemburg verwiesen. Wie in anderen Fällen wurde Aziz nicht nur geräumt, sondern auch von ihm wurde weiter die Kreditrückzahlung gefordert.
Das Urteil ist ein harter Schlag ins Gesicht der Regierung. Es stellt aber auch den 2011 abgewählten Sozialisten (PSOE) ein fatales Zeugnis aus.
Weder die PSOE noch die jetzt regierende rechte Volkspartei (PP) hatten etwas getan, um das soziale Drama einzudämmen, das etliche Menschen in den Selbstmord trieb. Das hat die Empörung enorm angefacht. Dazu kommt, dass es oft Kreditinstitute wie CatalunyaCaixa oder Bankia sind, die einfache Menschen mit der Räumung tief in die Misere stürzen. Diese werden ihrerseits mit Steuermilliarden gerettet und fallen in ein weiches Rettungsnetz.
Wie die Richtervereinigung Richter für Demokratie vorhersagte, müssen nun die Gesetze komplett geändert werden. Justizminister Alberto Ruiz Gallardón hat zugesichert, das Urteil werde „in allen Aspekten“ umgesetzt. Alles andere wäre fatal. Kürzlich haben Richter und Staatsanwälte mit einem Streik ebenfalls Änderungen gefordert. Nicht einmal sie können derzeit eine von der Bank beantragte Räumung bis zum Urteil aussetzen, auch wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verträge bestehen.
Minister lenkt ein
Schutz- und Rechtlosigkeit kritisieren seit langem die Betroffenen auch, weil Banken die Wohnungen nur für 50 Prozent der Summe übernehmen, die einst auf Veranlassung der Bank geschätzt wurden. Schuldner sitzen auf hohen Restschulden, auch wenn sie lange Jahre bezahlt haben. Die sind oft sogar höher als der einst von Banken gewährte Kredit. Neben Kosten für das Verfahren und eine Zwangsversteigerung fallen hohe Verzugszinsen an. „Wucher“ nennt es die PAH, da sie bis zu 30 Prozent betragen.
Die Schulden steigen darüber schnell stark an. Da es eine Privatinsolvenz wie in Deutschland auch nicht gibt, ist für Betroffene bis zum Lebensende jeder Neuanfang praktisch unmöglich. Jedes Einkommen würde sofort gepfändet.
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