Rousseff steht auf der Kippe

Rousseff steht auf der Kippe
(AFP/Evaristo sa)

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Am Sonntag stimmen die Abgeordneten darüber ab, ob ein Amtsenthebungsverfahren gegen die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff eingeleitet werden soll.

Vor der mit Spannung erwarteten Abstimmung des Unterhauses des brasilianischen Kongresses über eine Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff wird die Stimmung aggressiver. Am Sonntag werden vor dem Parlament in der Hauptstadt Brasilia zahlreiche ihrer Anhänger und Gegner zu Demonstrationen erwartet. Um sie zu trennen, ist bereits eine Metallmauer erreichtet worden.

Das Lager der Amtsenthebungsbefürworter benötigt zwei Drittel der 513 Stimmen im Unterhaus, das entspricht 342. Dann würde der Fall dem Senat übergeben, wo es zu einer Verhandlung kommen könnte. Wenn der Senat der Aufnahme einer solchen zustimmen würde, würde Rousseff bis zu einer Abstimmung über ihre Absetzung bis zu 180 Tage von ihrem Amt suspendiert. Dann würde ihr Widersacher, Vizepräsident Michel Temer von der Demokratischen Bewegung, die Amtsgeschäfte übernehmen.

Die Ersatzkandidaten

Ersetzt werden könnte Rousseff auch durch Parlamentspräsident Eduardo Cunha, der als die treibende Kraft hinter dem Verfahren gegen die amtierende Regierung gilt. Allerdings wird auch ihm Geldwäsche vorgeworfen. Weiterer Kandidat ist der Präsident des brasilianischen Senats, Renan Calheiros. Ihm wird vorgeworfen, in den Skandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt zu sein.

Sowohl Vertreter der Regierung als auch der Opposition sagen, sie hätten genug Stimmen, um am Sonntag einen Sieg zu erringen. Allerdings legen Zählungen in brasilianischen Medien nahe, dass die Siegeschancen für die Opposition besser stehen. Falls die Angeordneten gegen die Amtsenthebung stimmen, wäre das Verfahren gescheitert.

Vorwürfe gegen Rousseff

Amtsenthebungsbefürworter unter den Abgeordneten werfen der Regierung Rousseffs vor, gegen Finanzregeln verstoßen zu haben. Sie habe bei der Buchhaltung getrickst, um für größere öffentliche Unterstützung zu sorgen. Allerdings sind viele der Unterstützer einer Absetzung der Präsidentin selbst mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert.

Rousseffs Verteidiger bestehen darauf, dass die Politikerin nichts Illegales getan habe. Ähnliche Buchhaltungstechniken seien bereits von vorherigen Präsidenten angewendet worden. Auch Rousseff selbst weist alle Vorwürfe zurück.

Brasilien hat derzeit mit zahlreichen Problemen zu kämpfen: Die Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um knapp vier Prozent schrumpfen. Das Zika-Virus, durch das Neugeborene schwere Schäden erleiden können, ist zu einer Gesundheitskrise in armen Staaten im Nordosten des Landes geworden. Und in weniger als vier Monaten sollen in Rio de Janeiro die Olympischen Sommerspiele ausgetragen werden.