/ Rot-grün oder rot-schwarz
Die SPD schließt das Superwahljahr 2011 mit einem weiteren Triumph ab: Klaus Wowereit kann in Berlin weiterregieren. Die Sozialdemokraten haben die Abgeordnetenhauswahl am Sonntag trotz leichter Verluste klar gewonnen. Rot-Rot aber hat nach zwei Wahlperioden keine Mehrheit mehr. Die FDP flog schon zum fünften Mal in diesem Jahr aus einem Landtag. Der Piratenpartei gelang dagegen mit dem souveränen Einzug ins Parlament ihr bislang größter Erfolg.
Deutliche Zugewinne der Grünen und ein schlechtes Ergebnis der Linken machten zunächst eine rot-grüne Koalition wahrscheinlich. Ihr Vorsprung schmolz am Abend jedoch auf einen Sitz zusammen. Möglich ist auch eine große Koalition mit der CDU, die leicht zulegte.
Trend gegen schwarz-gelb
Damit setzte sich auch in Berlin der Trend gegen die im Bund regierende schwarz-gelbe Koalition fort, den vor allem die FDP mit ihren desaströsen Wahlergebnissen zu verantworten hat. Für sie hat sich bislang weder die Ablösung von Guido Westerwelle als Parteichef durch Philipp Rösler ausgezahlt noch die eurokritische Debatte, die auch beim Koalitionspartner CDU auf Ablehnung stieß.
Die Hochrechnungen von ARD und ZDF (Stand 20.00) sahen die SPD bei 28,4 bis 28,6 Prozent (2006: 30,8). Die CDU wurde zweitstärkste Kraft mit 23,2 Prozent (2006: 21,3). Dahinter liegen die Grünen mit 17,4 bis 17,6 Prozent (2006: 13,1), die Linke mit 11,6 (2006: 13,4) und die FDP mit 1,9 (2006: 7,6). Die Piratenpartei kam mit 8,9 bis 9,0 Prozent aus dem Stand heraus sicher über die Fünf-Prozent-Hürde. Die Sitzverteilung: SPD 47, CDU 39, Grüne 29, Linke 19 und Piratenpartei 15.
Höhere Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung lag mit gut 59 Prozent leicht über dem Wert von 2006 (58,0). Zur Wahl aufgerufen waren 2,47 Millionen Bürger. Parallel zum Landesparlament wurden auch die Kommunalvertretungen neu bestimmt.
Die SPD war damit auch in der letzten der sieben Landtagswahlen in 2011 erfolgreich. Wowereit steht eine dritte Amtszeit bevor. Die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Christoph Meyer verpasste mit dem schlechtesten Ergebnis dieses Jahres den Wiedereinzug und ist jetzt nur noch in elf Landtagen vertreten. Die CDU unter Frank Henkel erholte sich leicht und setzte so einen versöhnlichen Schlusspunkt unter das von vielen Pleiten geprägte Superwahljahr.
Grüner Juniorpartner
Die Grünen, die sich mit ihrer Spitzenkandidatin Renate Künast wegen exzellenter Umfragewerte lange Zeit Hoffnung auf den Posten des Regierungschefs gemacht hatten, können allenfalls Juniorpartner der SPD werden. Künast hat angekündigt, dass sie in diesem Fall Chefin der Bundestagsfraktion bleiben will. Die Linke muss mit ihrem zweitschlechtesten Berlin-Ergebnis seit der Wiedervereinigung wieder in die Opposition. Die Piratenpartei ist nun erstmals in einem Landesparlament vertreten.
Nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen gewann die SPD wegen ihres hohen Ansehens in der Hauptstadt und wegen ihres Spitzenkandidaten Wowereit. Die Piraten verdankten ihr sensationelles Abschneiden dagegen vor allem der Unzufriedenheit der Wähler mit den etablierten Parteien. Mit den Piraten schaffe es erstmals seit einem Jahrzehnt eine völlig neue Partei in einen Landtag. 50 Prozent der Berliner fänden nun einen rot-grünen Senat gut. Laut Forschungsgruppe bestätigt das Ergebnis den bundesweiten Trend einer allmählichen Linksverschiebung in den Parlamenten, die für die CDU und bei rot- grünen Mehrheiten auch für die Linke zunehmend zum Problem werde.
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