Richter schützen Whistleblower

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Wer öffentlich auf Missstände oder Skandale bei seinem Arbeitgeber aufmerksam macht, riskiert oft seinen Job. Das könnte sich nach einem Urteil des Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte ändern.

Die fristlose Kündigung einer Arbeitnehmerin wegen der Veröffentlichung von Missständen bei ihrem Arbeitgeber verstößt gegen die Menschenrechtskonvention.

Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg schützt durch sein Urteil die sogenannten „Whistleblowers“.

Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem am Donnerstag verkündeten Urteil. Die Straßburger Richter schützen damit sogenannte „Whistleblower“ – Arbeitnehmer, die auf Missstände in Unternehmen oder Institutionen öffentlich aufmerksam machen.

Konkreter Fall führt zu Urteil

Im konkreten Fall hatte die Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber erstattet, den Klinikbetreiber Vivantes, der dem Land Berlin gehört. Das Unternehmen habe zu wenig Personal und sei deshalb nicht in der Lage, die Bewohner eines Pflegeheims ausreichend zu versorgen.

Daraufhin war der Altenpflegerin fristlos gekündigt worden. Die deutschen Gerichte bestätigten die Kündigung. Der EGMR sieht darin eine Verletzung der Meinungsfreiheit und sprach der Pflegerin eine Entschädigung von insgesamt 15 000 Euro zu.

Im öffentlichen Interesse

Zwar hätten die Vorwürfe gegen Vivantes rufschädigende Wirkung, so der Straßburger Gerichtshof. Jedoch sei „das öffentliche Interesse an Informationen über Mängel in der institutionellen Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen so wichtig (…), dass es gegenüber dem Interesse dieses Unternehmens am Schutz seines Rufes und seiner Geschäftsinteressen überwiegt“.

Bevor die Klägerin Anzeige erstattete, hatten sie und ihre Kollegen die Geschäftsleitung mehrfach darauf hingewiesen, dass das Personal überlastet sei. Auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen hatte bei einem Kontrollbesuch wesentliche Mängel in der Pflege festgestellt; unter anderem gebe es zu wenig Personal. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass die Pflegerin „wissentlich oder leichtfertig“ falsche Angaben gemacht hätte, so der EGMR. Deshalb komme es nicht darauf an, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Vivantes nach kurzer Zeit einstellte.