/ Renzi droht mit "Plan B"

(AFP/Jean-Christophe Magnenet)
Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi verlangt mehr Solidarität von den EU-Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Europas Antwort auf diese „ernste Krise“ sei bislang bei weitem nicht ausreichend, sagte der Regierungschef der Zeitung „Corriere della Sera“ (Sonntagsausgabe). Sollte Italien nicht mehr Unterstützung erhalten, „haben wir einen Plan B vorbereitet, unter dem in erster Linie Europa zu leiden hätte“. Konkrete Angaben zu dem Plan machte er nicht.
In Italien befinden sich derzeit 76.000 Migranten in Aufnahmezentren, die völlig überlastet sind. Die EU-Kommission will Italien und Griechenland entlasten und zehntausende Flüchtlinge aus beiden Ländern auf andere Mitgliedstaaten verteilen. In den beiden Ländern kommen die meisten Bootsflüchtlinge an, die von Afrika über das Mittelmeer nach Europa wollen.
Der Plan, 24.000 Migranten aus Italien und 16.000 weitere aus Griechenland in andere EU-Länder zu bringen, trifft jedoch bei einer Reihe von Mitgliedstaaten auf Ablehnung, darunter insbesondere Großbritannien und mehrere osteuropäische Länder (Link). Sie fürchten, dass die Kommissionsvorschläge dauerhaft die Dublin-Regeln aushebeln. Diese sehen vor, dass Flüchtlinge ihren Asylantrag in dem Land stellen müssen, in dem sie zuerst in der EU eintreffen.
„Provokation“
Renzi will beim beim EU-Gipfel am 25. und 26. Juni dennoch auf weitere Zugeständnisse pochen. „Nur 24.000 Flüchtlinge zu verteilen, ist fast schon eine Provokation“, sagte der Ministerpräsident der „Corriere della Sera“. Die Dublin-Regeln sollten geändert werden. Renzi will in den kommenden Tagen mit dem britischen Premierminister David Cameron, seinem französischen Kollegen Manuel Valls sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Flüchtlingsfrage beraten.
Die EU-Innenminister befassen sich am Dienstag bei ihrem Treffen in Luxemburg mit dem geplanten Quotensystem für die Verteilung von Flüchtlingen und wollen dabei auch prüfen, inwieweit die Pläne auf freiwilliger Basis umgesetzt werden könnten.
Hungerstreik
Am Wochenende saßen unterdessen etwa 200 Flüchtlinge an der Grenze zwischen Italien und Frankreich fest. Am Samstag beendeten italienische Polizisten einen Sitzstreik der Migranten, mit dem diese ihre Einreise nach Frankreich erzwingen wollten. Um ihre Forderung zu untermauern, traten mehrere dutzend Männer vorübergehend in einen Hungerstreik; Frauen und Kinder akzeptierten dagegen Essen des Roten Kreuzes. Rund 150 Flüchtlinge wurden schließlich in die nahegelegene Stadt Ventimiglia gebracht, wo sie in einem Bahnhof übernachteten. Ein Polizeisprecher sagte am Sonntag, die Flüchtlinge würden nun in umliegende Aufnahmezentren gebracht. Etwa 50 Männer, welche die Nacht nahe der Grenze am Meer verbrachten, kündigten jedoch an, sie würden weiter um ihre Einreise nach Frankreich kämpfen.
Die aus Afrika stammenden Flüchtlinge hielten sich nach Angaben des Roten Kreuzes seit Donnerstag an dem Grenzübergang zwischen Ventimiglia und Menton auf. Französische Gendarmen sagten, sie hätten Anweisungen, die Migranten nicht über die Grenze zu lassen. Normalerweise gibt es im Schengenraum keine Grenzkontrollen. Wegen des G7-Gipfels im bayerischen Elmau wurden aber wieder vorübergehend Kontrollen eingeführt.
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