/ Regierungschef schließt sich Revolution an
„Ich erkläre heute, dass ich mich losgesagt habe von dem mörderischen und terroristischen Regime“, heißt es in einer Stellungnahme Hidschabs, die ein Sprecher in seinem Namen am Montag im arabischen Fernsehsender Al Dschasira verlas. „Ich erkläre, dass ich von heute an ein Soldat dieser gesegneten Revolution bin.“ Hidschab halte sich zusammen mit seiner Familie in Jordanien auf, hieß es in dortigen Regierungskreisen. Sein Sprecher sagte nur, Hidschab befinde sich an einem sicheren Ort.
Gemeinsam mit Hidschab seien zwei Minister und drei Brigadegeneräle nach Jordanien geflohen, teilte der oppositionelle Syrische Nationalrat mit. Mit Hidschab hat sich nach mehreren führenden Offizieren und Diplomaten der ranghöchste Politiker von Assad losgesagt. Erst im Juni hatte der Präsident Hidschab nach der Parlamentswahl zum Regierungschef ernannt. Die Wahl im Mai hatte die Führung als Schritt hin zu politischen Reformen bezeichnet. Die Opposition sprach von einer Farce.
Das syrische Staatsfernsehen bemühte sich um Schadensbegrenzung und berichtete, Assad habe Hidschab entlassen und eine Übergangsregierung unter Omar Ghalawandschi eingesetzt. Mit Ghalawandschi kommt ein früherer stellvertretender Regierungschef ins Amt.
Regierungstruppen bereiten Vormarsch vor
Assad versucht seit 17 Monaten einen Aufstand gegen seine Herrschaft niederzuschlagen. Während die Armee die Hauptstadt Damaskus wieder weitgehend unter ihrer Kontrolle hat, tobten in der Millionenstadt Aleppo im Norden schwere Gefechte. Am heftigsten umkämpft ist der Stadtteil Salaheddine, der noch von den Rebellen gehalten wird. Assads Soldaten feuerten mit Panzern in die schmalen Gassen, in denen die Rebellen Zuflucht vor dem Beschuss aus Hubschraubern suchten. Die meist nur mit leichten Waffen ausgerüsteten Aufständischen haben der Armee wenig entgegenzusetzen. Von den Dächern machten Scharfschützen Jagd auf die Rebellen. Frauen und Kinder flohen aus der Stadt – in überfüllten Autos, zu Fuß.
In Aleppo bedienen sich die Soldaten offenbar derselben Methode wie in anderen Städten: Tagelang nehmen sie die von Rebellen gehaltenen Viertel unter schweren Beschuss. So schwächen sie die Aufständischen erheblich, bevor sie am Boden vorrücken und Haus um Haus erobern. Rebellenkommandeure erwarteten schon bald eine große Offensive in Aleppo. Einer berichtete, seine Kämpfer hätten sich bereits aus einigen Straßen zurückgezogen, nachdem am Samstag Scharfschützen unter dem Schutz von Panzern und Hubschraubern vorgerückt seien. „Die syrische Armee durchdringt unsere Linien“, sagte Mohammed Salifi. „Daher waren wir gezwungen, uns aus strategischen Gründen zurückzuziehen, bis die Bombardierung endet.“
Salaheddine, einst ein lebendiges Viertel mit vielen Geschäften und Restaurants, ist eine einzige Ruinenlandschaft. Weißer Staub bedeckt die zerstörten Häuser. In den Straßen klaffen Krater. Betonbrocken türmen sich. Dort, wo einst die Familien lebten, liegen nun die Schützen auf der Lauer.
Anschlag auf TV-Gebäude
Ein symbolisch wichtiger Schlag gelang den Aufständischen mit einem Bombenattentat auf ein Gebäude des staatlichen Rundfunks in Damaskus – des Mediums, das unaufhörlich berichtet, die Assad ergebenen Soldaten befreiten das Land von „terroristischem Dreck“. Bei dem Anschlag wurden nach Angaben von Informationsminister Omran al-Soabi mehrere Menschen leicht verletzt. Zum Beweis, dass der Sendebetrieb nicht unterbrochen sei, wurden die Äußerungen des Ministers im Staatsfernsehen ausgestrahlt. Der Betrieb gehe wie gewohnt weiter, sagte Soabi. „Wir haben viele Studios und viel Ausrüstung.“
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