/ Regierung vermeidet das Chaos

Sechs Stunden lang herrschte ein politisches Chaos in Paris. Eine für Donnerstag geplante Demonstration war am Mittwoch früh von der Präfektur in Paris verboten worden. Die Präfektur befolgte eine Entscheidung, die am Montag Abend von Staatspräsident Hollande, Premierminister Valls und Innenminister Cazeneuve getroffen worden war. Am Mittag feierten die Gewerkschaften einen Sieg über die Regierung. Den mit dem Innenminister gefundenen Kompromiss feierten sie als ein Zurückweichen der Regierung.
Nach sechs Stunden hin und her dürfen die Gewerkschaften demonstrieren, auf einem 1.600 Meter langen Rundkurs um den Platz der Bastille herum. Man kommt so auf einen Kompromiss, den Innenminister Cazeneuve bereits am Montag Abend vorgeschlagen hatte, gegen Premierminister Valls aber nicht durchsetzen konnte. Valls hatte sich seit Tagen bereits als Hardliner gezeigt.
Krawalle
Das Problem für die Regierung: Keine Demonstration der Gewerkschaften war in den vergangenen Wochen ohne Schwierigkeiten abgelaufen. Stets hatten vermummte Demonstranten auf dem Weg der Demonstration eine Schneise der Zerstörung hinterlassen.
Höhepunkt war eine Demonstration der CGT am 14. Juni, bei der vermummte Demonstranten die Glasfassade des berühmten Kinderkrankenhauses Necker in Paris zerstörten. Operationen in den hinter der Glasfassade sich befindenden Operationssälen wurden gestört, und: Der dreijährige Sohn eines ermordeten Polizisten-Ehepaares war zuvor in das Krankenhaus eingeliefert worden.
Kritik
Die Empörung in Frankreich war groß, die CGT wurde verantwortlich gemacht und wies jede Verantwortung zurück. Zerstörungen auf dem Weg einer Demonstration seien nicht ihre Sache. Es handele sich dabei nur um die Verantwortung der Zerstörer.
Staatspräsident Hollande und Premierminister Valls kündigten darauf hin an, darüber nachzudenken, die Demonstration verbieten zu lassen. Als das Verbot kam, stand das politische Paris Kopf. Politiker von ganz Rechtsaußen bis ganz Linksaußen sahen die Demokratie in Gefahr.
Taub
Das Demonstrationsrecht sei ein Grundrecht, tönten sowohl die Linken als auch der Front National. Die Präsidentin des Front National hatte vor einem Monat noch das Verbot jedweder Demonstration während der Fußball Europameisterschaft verlangt. Die Gewerkschaften ihrerseits zeigten sich taub gegenüber allen Appellen. Egal, ob Verbot oder nicht, sie würden demonstrieren. Die französische Regierung stand vor der Frage, ob sie ein Straßenschacht riskieren wolle.
Innenminister Cazeneuve wies darauf hin, dass es in Frankreich in den vergangenen Wochen 2.500 Demonstrationen gegeben habe und dass es am 14. Juni alleine 18 verletzte Polizisten gegeben habe. Er diskutierte mit den Chefs von CGT und FO und bewertete den gefundenen Kompromiss als vernünftig.
Gespräche
Tatsächlich aber gehen die Gewerkschaften längst einen Schritt weiter. Sie verlangen nun ein Gespräch mit Premierminister Valls und mit Staatspräsident Hollande. Und die Kommunisten sagten, dass sie gegen einen Rücktritt von Premierminister Valls und seine Regierung nichts einzuwenden hätten.
Die Gewerkschaften – mit Ausnahme der Reformgewerkschaft CFDT – sind taub gegen Argumente. Die Fußball Europameisterschaft mit dem Bild Frankreichs nach außen interessiert sie nicht. Die Sicherheit vor den Attentatsdrohungen ist uninteressant. Der Schutz von Kirchen, Synagogen und Moscheen vor Angriffen lässt sie kalt.
Terrorziel
Dass Frankreich bevorzugtes Ziel von Terroristen ist, spielt keine Rolle. Sie verlangen, dass das neue Arbeitsrecht, in der Nationalversammlung bereits beschlossen, zurückgezogen wird. Sie sehen die Regierung nicht mehr als legitimiert an, „weil sie zur Vertrauensfrage bei der Abstimmung greifen musste und im Parlament keine Mehrheit“ mehr habe.
CGT und FO stützen sich nicht mehr auf die staatliche Organisation, sondern auf das Volk, das in Umfragen gegen die neue Arbeitsgesetzgebung sei. Die demonstrierenden Gewerkschaften in Paris stellen die staatliche Ordnung in Frankreich in Frage.
Das Kinderkrankenhaus Necker in Paris bittet zwischenzeitlich um Spenden, weil es die 300.000 Euro zur Wiederherstellung der Glasfront nicht hat.
- Blau durch den Sonntag - 18. September 2017.
- 38-jähriger Vermisster aus Schieren ist tot - 4. August 2017.
- Polizei fasst Einbrecher und Komplizin - 3. August 2017.