Raser: Anklage wegen fahrlässiger Tötung

Raser: Anklage wegen fahrlässiger Tötung
(Katja Sponholz)

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Seit Montag steht ein 23-Jähriger aus dem Saarland vor Gericht. Er war im vergangenen Sommer in eine Gruppe Jugendlicher gerast, dabei starb eine 14-Jährige.

Drei junge Männer sind in getunten Autos unterwegs, es kommt zu einem Unfall, ein 14-jähriges Mädchen stirbt. Doch weil sich wohl nicht beweisen lässt, dass es sich um ein illegales Autorennen handelte, steht der 23 Jahre alte Dennis M. seit Montag nicht wegen Mordes, sondern nur wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung vor dem Amtsgericht Saarlouis.

Den Ermittlungen zufolge ging der Angeklagte im August 2016 bei Überherrn im Landkreis Saarlouis viel zu schnell in eine Kurve, verlor die Kontrolle über das Fahrzeug und verletzte die 14-Jährige tödlich. Ein 16-Jähriger erlitt schwere Verletzungen.

Der Angeklagte, der mit seinem Fahrzeug öfter auf dem Nürburgring unterwegs war, fuhr auch an jenem verhängnisvollen Abend laut Staatsanwältin „wie ein Rennfahrer“. Vor Gericht zeigte er sich wenig schuldbewusst: Der Unfall sei vor allem deshalb passiert, weil das Antiblockiersystem (ABS) nicht funktioniert habe, als er mit etwa 90 Stundenkilometern vor einer engen, nicht einsehbaren Kurve gebremst hatte. „Ich konnte nicht damit rechnen, dass die Technik versagt. Dafür kann ich ja nichts“, sagte der Verfahrensmechaniker. Er sei auf der kurvenreichen Strecke ohnehin „sehr zart“ gefahren.

Raser gibt sich uneinsichtig

Fassungslos reagierten nicht nur die Eltern des getöteten Mädchens auf seine Aussagen. Auch Richter Michael Wagner zeigte deutliches Unverständnis. Er wollte wissen, warum der Angeklagte noch immer ein Foto des Fahrzeuges als Profilfoto auf seiner Facebook-Seite habe und warum er das sichergestellte Auto zurückgefordert habe. „Ich sage es ganz offen: Ein Mensch wurde getötet, ein zweiter schwer verletzt und ein dritter psychisch traumatisiert“, sagte Wagner. „Und Sie wollen ein Auto zurück, das so viel Unglück über die Menschheit gebracht hat?“

Das sei „ein persönliches Ding“, erläuterte M.. Auf die Frage der Staatsanwältin, was der Aufkleber „Waffenschmiede Rüsselsheim“ auf seinem Fahrzeug bedeute, antwortete er: „Das verstehen nur Leute, die damit in Kontakt sind. Das stammt einfach von der Marke und hat nichts mit einer Waffe zu tun.“

Falsch sei jedoch, so M. auf Nachfrage des Richters, dass er zwei Tage nach dem tödlichen Unfall ein Foto seines Autos von einem Freund erhalten habe und auf den Hinweis, es habe „nur ein paar Kratzer“ abbekommen, mit dem Kommentar „Saugeil“ geantwortet habe.

Unfallauto weiter als Profilfoto auf Facebook

Zwei Freunde, die ebenfalls mit getunten Autos hinter Dennis M. waren, fuhren nach dem Unfall weiter. Weil ihnen nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie sich mit dem Angeklagten zu einem Rennen getroffen hatten, wurden die Ermittlungen gegen sie eingestellt. Das Gericht hat drei Verhandlungstage angesetzt, das Urteil ist für den 6. Juli geplant.

Erst am Samstag war in Mönchengladbach ein Fußgänger (38) bei einem illegalen Autorennen getötet worden. Aus Sicht der Ermittler handelt es sich dabei um Mord. Drei mutmaßliche Raser wurden festgenommen, darunter auch der Unfallfahrer (28).

Ende Februar waren erstmals in Deutschland zwei Raser nach einem tödlichen Rennen in Berlin des Mordes schuldig gesprochen worden. Am Donnerstag entscheidet der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ob es richtig war, zwei Raser für ein Rennen im April 2015 in Köln zu Bewährungsstrafen zu verurteilen. Dort war eine 19-jährige Radfahrerin getötet worden.