/ Qualität kostet
Notwendig ist sie, weil das aktuelle System an seine Grenzen stößt. Aufwändig ist sie, weil gleichzeitig der Qualitätsstandard für das zukünftige CGDIS („Corps grand-ducal d’incendie et de sauvetage“) angehoben werden soll und auch muss: „Im internationalen Vergleich stehen wir was die Qualität der angebotenen Hilfeleistungen angeht nicht eben gut da“, so der Minister.
Sonderstellung für Stadt Luxemburg
Während der Ausarbeitung des Reformprojekts war in den Kulissen stets klar, dass die „Beruffspompjee“ der Stadt Luxemburg einen Spezialfall darstellen würden. Das einzige bereits professionelle Korps des Landes kostet die Hauptstadt 2015 zum Beispiel 18,8 Millionen Euro. Mehr als jede andere Gemeinde des Landes, und die Qualität ist natürlich auch sehr hoch. Ein mögliches Leistungsgefälle wurde stets befürchtet, und Luxemburg wollte die Investitionen natürlich honoriert sehen. „Verständlich“, so Dan Kersch.Es gilt denn nun auch eine Übergangsphase im CGDIS: Erst am 1. Januar 2021 („spätestens“, präzisiert Kersch) wird Luxemburg integraler Teil des CGDIS. Bis dahin verpflichtet der Staat sich, 120 Professionelle auf dem aktuellen Ausbildungsstandard eines Berufsfeuerwehrmanns (derzeit ca. 160) für das CGDIS eingestellt und formiert zu haben.
Dass das kostet, ist normal – v.a. die Ausbildung muss ausgebaut werden – und Dan Kersch wurde denn auch nicht müde, immer wieder zu wiederholen, dass dies einen solidarischen Beitrag von allen erfordere: „Es geht um die Sicherheit und Gesundheit eines jeden von uns. Da muss jeder sein Scherflein beitragen können.“
Gewusst war, dass der Anteil der Luxemburger Gemeinden an den Einnahmen durch die TVA-Erhöhung von 2015 dem neuen Korps zugute kommen werde. Hier rechnet man mit 35 Millionen Euro pro Jahr.
Scharfe Reaktion
Zusätzlich wird eine neue Steuer für die Versicherungsgesellschaften eingeführt: 3 % der Einnahmen durch Auto-Versicherungen müssen die Versicherungsgesellschaften zukünftig für das CGDIS abführen.
Auf die Frage, ob die Regierung denn nicht die Gefahr sehe, dass die Firmen dies über Preiserhöhungen auf den Kunden „abwälzen“, reagierte der LSAP-Politiker scharf: „Durch gute und schnelle Hilfe entstehen auch für Versicherungen weniger Kosten. Außerdem wird der Staat zukünftig ehrenamtliche Rettungshelfer bei Zusatzversicherungen und -pensionen unterstützen –eine mögliche zusätzliche Einnahmequelle. Wenn ich dann ein paar Monate zurückblicke auf die Bilanzpressekonferenz des Sektors, die von Rekordjahr und Rekordgewinn sprach … also wir nehmen nichts wo nichts ist; die sollen mal ein bisschen langsamer treten“, reagierte Dan Kersch auf die „Kampagne“, wie er es nannte, die die Branche derzeit gegen diese 3-Prozent-Abgabe führen würde.
Außerdem sei es ja nichts Neues, so Kersch weiter: „Auf den Einnahmen durch Feuerversicherungen gibt es schließlich bereits eine 6-Prozent-Steuer. Im Rettungswesen fallen halt immer mehr Einsätze durch Unfälle an, und dem tragen wir Rechnung. Beide Steuern dienen der Allgemeinheit.“ Am Rande bemerkt: mit den Einnahmen durch die 6-Prozent Steuer ko-finanzierte der Staat bisher Feuerwehrmaterial …
10 Millionen von Gemeinden
Zurück zu den 3 Prozent: die sollen ca. 5,6 Millionen Euro pro Jahr bringen. Wären summa summarum 40 Millionen. Bei aktuellen 60 Millionen Euro, die das Rettungswesen im Moment Staat und Gemeinden jährlich kostet, würden 20 übrig bleiben.
Die sollen dann im CGDIS, das unter der Rechtsform eines „établissement public“ paritätisch von Staat und Gemeinden getragen werden wird, auch paritätisch von Staat und Gemeinden finanziert werden. Wären dann 10 Millionen Euro pro Einheit. Der Verteilungsschlüssel für Gemeinden wäre die Einwohnerzahl: Anstelle der 50 Euro pro Kopf, die bisher immer im Raum standen, würde man dann eher bei 20 Euro/Einwohner landen.
„Aber“, Dan Kersch schiebt die Einschränkung gleich hinterher, „das betrifft den Ist-Zustand. Mittel- und langfristig muss man davon ausgehen, dass 60 Millionen/Jahr nicht reichen werden.“ Weil Qualität nun mal kostet … Und falls es nicht gelingt, die abnehmende Zahl an freiwilligen Helfern zu stabilisieren oder den Trend sogar umzukehren, wird dies immer nur bei steigenden Bevölkerungszahlen und steigenden Anforderungen über eine „Kompensation“ durch mehr professionelles Personal gehen. Und das kostet.
Doppelte Herausforderung
Die Herausforderung des neuen CGDIS ist demnach nicht nur eine organisatorisch-finanzielle, sondern auch eine menschliche. „Das Luxemburger Rettungswesen fußt auf dem freiwilligen Engagement der Bürger, und wird dies auch weiter tun“, so Dan Kersch. An der Politik, hier die nötigen Anreize zu setzen und Überzeugungsarbeit zu leisten.
Was das Organisatorische angeht, so wurde auch die neue regionale Aufteilung des Landes präsentiert, mit insgesamt nun 107 Rettungszentren in den vier Regionen. Das wichtigste ist das zukünftige nationale Rettungszentrum CNIS im Ban de Gasperich. Hier müssen 24 Leute pro Schicht vor Ort sein.
Esch und das zukünftige Nordstad-Projekt am „Fridhaff“ sind zwei weitere Pfeiler des Rückgrats des Systems (18 pro Schicht/diese drei Zentren: Kategorie IV auf der Karte), es folgen 10 weitere Zentren (Kategorie III auf der Karte) mit 16 Leuten pro Schicht. Die Kategorie IIbis (14 Zentren) auf der Karte wird ebenfalls als unabdingbar für eine zufrieden stellende regionale Abdeckung angesehen, es folgen 80 lokale Zentren, in zwei weitere Kategorien aufgeteilt.
Weitere Details zur Reform des nationalen Rettungswesens in der Print-Ausgabe des Tageblatt vom 1. August, sowie als Epaper.
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